Die Staatsanwaltschaft Hamburg muss möglicherweise einen 93-Jährigen vor Gericht bringen. Es geht um Kriegsgräuel, für die der Mann als Führer einer SS-Panzergrenadierkompanie im Jahr 1944 mitverantwortlich sein soll. Damals hatten deutsche Soldaten rund um den italienischen Ort Sant’Anna di Stazzema mehrere Hundert wehrlose Zivilisten getötet, die meisten davon Frauen und Kinder.
Während die Verfahren gegen vier andere Tatverdächtige mittlerweile rechtswirksam eingestellt sind, wird seit Jahren um die Verantwortung des 93-Jährigen gestritten. Die Staatsanwaltschaft und auch die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart sahen keinen hinreichenden Tatverdacht und wollten deshalb nicht weiter tätig werden.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe bewertet den Fall jedoch anders. Dem Mann müsse als kommandierendem Offizier bekannt gewesen sein, dass die Einsatzbefehle sich nicht gegen Partisanen richteten, was im Krieg möglicherweise zulässig sein kann. Vielmehr sei es erkennbar um die „Vernichtung der Zivilbevölkerung“ des gesamten Ortes gegangen.
Von einer dauernden Verhandlungsunfähigkeit des Mannes gehen die Richter derzeit nicht aus. Ob jetzt wirklich Anklage erhoben wird, muss nun die Staatsanwaltschaft Hamburg entscheiden. Der frühere Offizier ist mittlerweile nach Hamburg gezogen, so dass die dortige Staatsanwaltschaft zuständig ist (Aktenzeichen 3 Ws 285/13).