Der Strafprozess gegen Formel-1-Chef Bernie Ecclestone ist zu Ende. Nachdem Staatsanwaltschaft und Angeklagter bereits zugestimmt hatten, stellte das Landgericht München heute das Verfahren ein. Ecclestone zahlt 100 Millionen Dollar ( = etwa 75 Millionen Euro). Mit der Einstellung gilt Ecclestone als nicht vorbestraft.
Letztlich dürfte Ecclestone das Delikt gerettet haben, das ihm zur Last gelegt wird. Bestechung wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet. So weit, so normal. Interessanter ist im Fall Ecclestone die Untergrenze für die Strafe. Diese beträgt bei Bestechung lediglich drei Monate. Erst durch diese Untergrenze ist es überhaupt möglich, dass die Richter Ecclestones mögliches Fehlverhalten nun als Quasi-Bagatelle einordnen und den entsprechenden Paragrafen ziehen können.
Die nun zum Zuge gekommene Einstellungsvorschrift des § 153a Strafprozessordnung gilt nämlich nur für Taten, die nur als Vergehen gelten. Als Vergehen sind lediglich Delikte anzusehen, für die eine Mindeststrafe unter einem Jahr vorgeshen ist. Ab einem Jahr spricht man von Verbrechen – und bei Verbrechen gilt der Bagatellparagraf ausdrücklich nicht.
Verbrechen sind neben Mord, um nur einige Beispiele zu nennen, Körperverletzung mit Todesfolge, schwere Brandstiftung, schwerer sexueller Missbrauch oder auch gewisse Steuer- und Wirtschaftsvergehen. Hier wäre es also schon gar nicht möglich, das Verfahren gegen Zahlung einer Auflage einzustellen. Das Gesetz verbietet es ausdrücklich. Von einigen praktischen Möglichkeiten, eine Tat auf ein niedrigeres Level zu definieren, natürlich abgesehen.
Bei Vergehen ist eine Einstellung dann laut Gesetz zulässig, sofern die Schwere der Schuld nicht entgegensteht und die Auflage geeignet ist, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen.
Ob und inwieweit es im Fall Ecclestone vertretbar ist, diese Voraussetzungen zu bejahen, kann und wird man unterschiedlich beurteilen. Auffällig ist natürlich die absolute Rekordhöhe der Auflage für Ecclestone. Millionenzahlungen hat es zwar schon gegeben, etwa im Mannesmann-Verfahren. Aber eine derartig hohe Summe wirft schon die Frage auf, ob die Wahrscheinlichkeit, Ecclestone noch etwas nachweisen zu können, wirklich so gering war wie vom Gericht nun angeführt.
Im übrigen muss sich das Landgericht München dann auch fragen lassen, wieso es bei einem derart schlechten Beweisergebnis für die Ankläger nicht zu einer anderen Lösung gegriffen hat. Nämlich einen Freispruch, auch wenn dieser vielleicht noch den einen oder anderen Verhandlungstag erfordert hätte.
Festhalten sollte man aber in jedem Fall, dass der Einstellungsparagraf kein Schattendasein führt. Die weitaus meisten Strafverfahren werden heute auf diese Art und Weise ohne Urteil erledigt, oft schon im Ermittlungsverfahren. Ohne diese und eine verwandte Vorschrift, die eine Einstellung auch ohne jede Auflage ermöglicht, wäre die deutsche Justiz heute wohl schon kollabiert. Insoweit ist also definitiv kein Sonderrecht für Ecclestone geschaffen worden. Auch wenn das unschöne Bild bleiben wird, dass ausgerechnet Bestechungsvorwürfe hier durch eine Art „Abstandszahlung“ aus der Welt geschafft werden.
Was die Verteilung des Geldes angeht, ist das Gericht frei. Die weitaus meisten Auflagen werden zu Gunsten der Staatskasse verhängt. Schon um die Kosten des Verfahrens auszugleichen, denn bei einer Einstellung kann der Angeklagte hierfür nicht zur Kasse gebeten werden. Auch eine Teilzahlung an gemeinnützige Vereine, hier ein Kinderhospiz, ist grundsätzlich üblich, sofern etwas für den guten Zweck übrig bleiben soll. Wieso das Landgericht München nur eine von 75 Millionen für diesen guten Zweck springen lässt, verstehe ich nicht ganz. Üblicherweise machen Gerichte das dann 50 : 50.