Stammgast in der Business Lounge

In der Business-Lounge sollen Reisende bequem auf ihren Abflug warten. Ein Airline-Kunde hielt sich dort auch auf, er hatte aber wohl nie die Absicht zu fliegen. Stattdessen buchte er sein Flexi-Ticket München-Zürich, für das er 745 Euro gezahlt hatte, sage und schreibe 36 Mal um – nachdem er sich jeweils in der Business Lounge verköstigt hatte.

Das wiederum gefiel der Flugggesellschaft nicht. Diese verklagte den Mann auf Schadensersatz für seine Aufenthalte. 55 Euro pro Besuch stellte die Airline in Rechnung. Vor dem Amtsgericht München bekam sie nun recht.

Der Kunde hatte sich damit verteidigt, die Umbuchungen seien laut den Tarifbedingungen zahlenmäßig nicht begrenzt. Deshalb sei er sich keiner Schuld bewusst. Der zuständige Richter sah dies anders. Der Kunde habe eine Mitwirkungspflicht, dass die Leistung erbracht werden könne. Die Leistung sei nicht der Aufenthalt in der Lounge, sondern der Flug. Wenn ein Kunde Scheinbuchungen mache, vereitele er dies auf unzulässige Weise (Aktenzeichen Z 213 C 31293/13).

Mit den Autokorsos werden Warnwesten Pflicht

Einzug ins Viertelfinale hin, Einzug ins Viertelfinale her – ab morgen 0 Uhr müssen sich Autofahrer auf kritische Fragen von Polizeibeamten einrichten. Pünktlich mit den (im Erfolgsfall) ersten Autokorsos tritt die Warnwestenpflicht in Kraft.

15 Euro kostet es dann, wenn man im Auto nicht mindestens eine Warnweste mit sich führt. Diese Weste muss den Normen EN ISO 20471 oder EN 471 entsprechen (steht auf den handelsüblichen Westen mittlerweile drauf). Wer so eine Weste nicht vorweisen kann, kassiert 15 Euro Verwarnungsgeld.

Juristische Diskussionen wird es wahrscheinlich darum geben, wo die Warnweste aufbewahrt werden muss. Die neue Vorschrift spricht davon, die Warnweste sei „in Fahrzeugen“ mitzuführen. Ob das jetzt den Innenraum meint oder auch eine Weste im Kofferraum genügt, müssen wohl die Gerichte klären.

Ziemlich klar ist allerdings, dass eine Warnweste pro Fahrzeug ausreicht – auch wenn mehr Personen im Wagen sitzen. Außerdem gibt es keine Pflicht, die Warnweste nach einem Unfall oder einer Panne tatsächlich zu tragen. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass Versicherungen vielleicht ein Mitverschulden annehmen, wenn jemand ohne Warnweste angefahren wird.

Wer noch auf die Schnelle eine Warnweste braucht, kann zum Beispiel hier fündig werden (Amazon Partner-Link).

Älterer Beitrag im law blog

Endlich mal Netz im ICE

Momentan springen dich WM-Preisausschreiben an. Mich auch. Davon bin ich jetzt nicht unbedingt der Freund. Auf ein Online-Gewinnspiel der Telekom möchte ich allerdings hinweisen, weil der Gewinn mal nicht so kniepig ist und einen praktischen Nutzen hat.

Jedenfalls für Viel-Bahnfahrer wie mich. Die Telekom spendiert derzeit Tagespässe für ihre Hotspots. Die kann man bekanntlich auch in vielen ICEs nutzen. Dort steht es um das eigene Internet ja meist mau. Die 24-Stunden-Gutscheine gelten aber auch für alle anderen Hotspots der Telekom.

Eine simple Fußballfrage beantworten, bringt einen Hotspot-Gutschein direkt per SMS aufs Handy. Normalerweise kostet der Tagespass 4,95 Euro. Man kann pro Tag einmal mitmachen und somit einige Codes zusammenkriegen. Einziger Wermutstropfen: Die Pässe sind derzeit nur bis 31. Juli 2014 gültig.

Richter wollen keine Anarchie

Autofahrer müssen nicht nur unverständliche, sinnlose und völlig absurde Verkehrsschilder beachten. Sondern auch solche, die ganz ohne rechtliche Grundlage aufgestellt werden. Diesen Grundsatz bestätigt das Oberlandesgericht Hamm in einer aktuellen Entscheidung.

Es ging um ein von der Stadt Essen aufgestelltes Parkschild. Die Parkerlaubnis galt laut Zusatzschild nur für „Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs“. Immerhin befand sich das Schild an einer Elektroladestation für diese stromgetriebenen Fahrzeuge, die man doch schon ab und zu im Stadtbild sieht.

Ein Autofahrer, der noch auf Verbrennungsmotor setzt, parkte seinen Wagen auf dem Stellplatz. Er weigerte sich, ein Knöllchen über 10 Euro zu zahlen. Seine Begründung: Es gebe gar keine ausreichende rechtliche Regelung, die den Kommunen die Aufstellung so eines Schildes erlaubt.

Das meint auch das Oberlandesgericht Hamm. Die Richter äußern Zweifel, dass die Schilder zulässig sind. Allerdings gelte auch der Grundsatz, dass Verwaltungsakten, dazu gehören auch Verkehrsschilder, so lange gefolgt werden muss, wie sie nicht eindeutig nichtig sind. Ein Verkehrsschild ohne Rechtsgrundlage sei nicht per se nichtig, so lange es von der zuständigen Behörde aufgestellt worden sei.

Anderenfalls befürchten die Richter Anarchie auf unseren Straßen, wenn Autofahrer selbst entscheiden, ob sie ein Verkehrsschild für unwirksam halten oder nicht. Im Zweifelsfall bleibt also nur: Verkehrsschild beachten und später dagegen klagen (Aktenzeichen 5 RBs 13/14).

Beleidigte Beamte und der Staatsanwalt

Für Diskussionen sorgt derzeit eine Durchsuchungsaktion beim Darmstädter Echo. Gegen die Zeitung erging auf Antrag der Staatsanwaltschaft ein richterlicher Beschluss, der das Blatt zwang, die Daten von Lesern herauszugeben, die in der Online-Ausgabe des Blattes kommentiert haben. Das wirft natürlich Fragen auf. Insbesondere, wie weit die Pressefreiheit tatsächlich reicht.

Eine sehr interessante Zusammenfassung liefert die PC Welt.

Knabberfische dürfen auch bei uns arbeiten

Die Stadt Essen muss der Betreiberin eines Friseursalons in Essen-Rüttenscheid eine Erlaubnis nach dem Tierschutzgesetz zum gewerbsmäßigen Halten von Kangal-Fischen (Garra rufa) erteilen. Dies hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden.

Die Friseurin bot seit 2011 in ihrem Salon eine sogenannte „Fisch-Spa-Behandlung“ mit Kangal-Fischen an. Bei der Fisch-Spa-Behandlung tauchen die Kunden Arme oder Beine in ein Becken, in dem Kangal-Fische schwimmen. Die bis zu 15 cm großen Fische knabbern dann von der menschlichen Haut Schuppen, Hornhaut und andere Rückstände ab.

Nahe der ostanatolischen Stadt Kangal kommen diese Fische in einem von heißen Thermalquellen gespeisten Bach natürlich vor. Dort lassen sich Menschen seit jeher Beine und Arme auf diese Weise von den Fischen säubern. Mittlerweile gibt es wegen der Fische Tourismus an dem Ort. Auch Menschen, die an Schuppenflechte oder Neurodermitis erkrankt sind, suchen dort Linderung.

Auf Anweisung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) untersagte die Stadt Essen Ende 2011 der Klägerin den Betrieb. Das Spa verstoße gegen den Tierschutz. Eine Erlaubnis könne nicht erteilt werden.

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen sieht dies anders. Nicht nur medizinische, sondern auch kosmetische Zwecke könnten Einschränkungen des Tierschutzes begründen. Entscheidend sei grundsätzlich der Einzelfall.

Nach Auswertung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse kam das Gericht zum Ergebnis, die zu erwartenden Leiden für die Fische seien gering, der Nutzen im Bereich Kosmetik und Wellness aber auf jeden Fall deutlich größer. In einigen anderen Bundesländern, etwa in Berlin, sind Fisch-Spas schon länger im Betrieb (Aktenzeichen 16 K 5116/12).

Benzin statt Diesel

Kleine Missgeschicke können richtig teuer werden. Das erlebte besonders schmerzhaft ein Autofahrer, der auf dem Weg zur Arbeit Benzin statt Diesel tankte. Rund 4.200 Euro kostete die Reparatur. Auf den Kosten mochte der Mann nicht alleine sitzen bleiben. Vielmehr wollte er das Finanzamt beteiligen und den Schaden von der Steuer absetzen.

Leider, zumindest aus seiner Sicht, gelang ihm dies nicht. Die gesetzlich festgelegte Pauschale von 30 Cent pro Kilometer decke, so der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil, nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes „sämtliche Aufwendungen“ ab. Das gelte auch für außergewöhnlich hohe Kosten. Diese dürften also nicht zusätzlich geltend gemacht werden.

Den nach Auffassung des Bundesfinanzhofs „klaren Wortlaut“ des Gesetzes hatte das Finanzgericht in erster Instanz übrigens noch ganz anders interpretiert und dem Kläger recht gegeben (Aktenzeichen VI R 29/13).

Macht Rauchen obdachlos?

Schlechte Nachrichten für den rauchenden Rentner Friedhelm A. aus Düsseldorf. Er muss laut einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf tatsächlich seine Wohnung räumen. Wie schon die vorige Instanz meinen die Richter, der 75-Jährige habe seine Nachbarn zu sehr mit Zigarettenrauch gequält.

An sich sei Rauchen in der Wohnung kein Kündigungsgrund, heißt es in dem gestern bekanntgegebenen Urteil. Normales Rauchen sei kein vertragswidriges, sondern durchaus zulässiges Verhalten.

Allerdings hat es Friedhelm A. wohl übertrieben und dadurch einen schwerwiegenden Pflichtverstoß begangen. Er soll nämlich keine Maßnahmen getroffen haben, um zu verhindern, dass der Rauch seiner Zigaretten ins Treppenhaus zieht. Er habe die Geruchsbelästigung sogar noch gefördert, indem seine Wohnung unzureichend gelüftet und die zahlreichen Aschenbecher nicht geleert habe. Über den Gestank hatten sich Mitbewohner beschwert.

Einen Hoffnungsschimmer gibt es noch für Friedhelm A. Das Landgericht lässt die Revision zum Bundesgerichtshof zu. Dort soll grundsätzlich geklärt werden, ob Rauchen in der Mietwohnung ein Kündigungsgrund ist.

Da Friedrich A. schon 40 Jahre in dem Mehrfamilienhaus lebt, gewährt ihm das Landgericht auch eine großzügige Räumungsfrist bis zum Jahresende (Aktenzeichen 21 S 240/13).

Ein seltenes Vergnügen

Ich hatte heute Gelegenheit, mich ausführlich mit einem ganz selten angewandten Straftatbestand zu beschäftigen. Die Vorschrift des § 344 Strafgesetzbuch bestraft die Verfolgung Unschuldiger. Also wenn zum Beispiel Staatsanwälte wegen einer Tat gegen eine konkrete Person ermitteln beziehungsweise ermitteln lassen, obwohl sie wissen, dass der Betreffende die Tat nicht begangen hat.

Die Zahl der Präzedenzfälle ist sehr überschaubar. Es gibt so gut wie keine. Auch die Strafrechtskommentare, die sich bei anderen Delikten mitunter über viele, viele engbedruckte Seiten ziehen, haben zu dem Thema nur ein paar magere Zeilen zu sagen.

Das mag vor allem daran liegen, dass Staatsanwälte oder Richter in Deutschland wider besseres Wissen keine Unschuldigen verfolgen. Womöglich aber auch ein ganz klein wenig daran, dass in solchen Fällen letztlich Strafverfolger über ihre eigenen Kollegen zu befinden haben. Wie wahrscheinlich es da ist, dass angesichts riesiger Bewertungsspielräume der Fall tatsächlich in einer Anklage mündet, kann man sich ausmalen.

Der Fall meines Mandanten ist an sich nicht weltbewegend. Allerdings ist es schon übel, wie ihm bislang mitgespielt wurde. Und zwar in voller Absicht, wie ich meine. Ich jedenfalls kann ihm nach genauer Lektüre der gesamten Ermittlungsakte nicht davon abraten, nun wirklich eine Strafanzeige gegen die betreffende Staatsanwältin zu erstatten – nachdem diese endlich brutal durch einen umsichtigeren Kollegen ausgebremst wurde. Die Dame hatte den Bogen jedenfalls mehr als deutlich überspannt.

Ob sich der Mandant diesen Kampf kostenmäßig und nervlich antun will, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Das muss jetzt er allein entscheiden…

Befeuchten reicht nicht aus

Wer beim Kondomkauf nach deutscher Markenware greift, muss auch deutsche Markenware erhalten. Das Oberlandesgericht Hamm untersagte es jetzt deshalb einem Erotikshop, Kondome eines Arnstädter Fabrikanten als „made in germany“ oder als „deutsche Markenkondome“ zu bewerben. Tatsächlich, so das Gericht, würden die Kondome nämlich im wesentlichen im Ausland hergestellt.

Der Hersteller bezieht aus dem Ausland Kondom-Rohlinge. In seinem deutschen Werk feuchtet er die Kondome lediglich an, überprüft sie auf Dichtigkeit und verpackt sie. Das reicht nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm nicht aus, um die Kondoma als „made in germany“ oder als „deutsche Markenkondome“ anzupreisen.

Für deutsche Markenware sei es erforderlich, dass die „wesentlichen Fertigungsschritte“, insbesondere der maßgebliche Herstellungsvorgang in Deutschland erfolgen. Der Verbraucher erwarte dies völlig zu Recht, deshalb handele es sich um unlautere Werbung. Ob die Produktion deutschen Standards genüge, spiele keine Rolle (Aktenzeichen 4 U 121/13).

Porsche-Entzug

Fahrverbot oder gar Führerscheinentzug als Strafe nicht nur für Verkehrsdelikte? Die Diskussion ploppt zuverlässig immer wieder auf. Nun ist es wieder so weit, wobei ich nicht weiß, ob es mit der heute beginnenden Innenministerkonferenz oder dem schon dräuenden nachrichtlichen Sommerloch zusammenhängt.

Das Fahrverbot bringt NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) ins Spiel. Und zwar ausdrücklich für Steuersünder. Bei vermögenden Steuerstraftätern sei eine Geldstrafe nicht effektiv genug, sagt der Minister. „Hier können wir mit einer verfassungskonformen Vermögensstrafe oder in kleineren Fällen dem Entzug der Fahrerlaubnis wirksamer strafen“, sagte Kutschaty der „Rheinischen Post“.

„Wenn der Zahnarzt sechs Monate seinen Porsche stehen lassen muss, trifft ihn das viel mehr als eine Geldstrafe“, meint Kutschaty. Das kann man natürlich so drehen – wenn man das Anfeuern plumper Neidgefühle für einen tauglichen Politikstil hält.

Ich möchte mal die Frage stellen, woher dieser ständige Wunsch nach immer neuen, vermeintlich schärferen Gesetzen kommt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir ein offensichtliches Vollzugsdefizit bei bestehenden Gesetzen haben.

Gerade, aber nicht nur im Steuerstrafrecht ist es doch so, dass – zum Glück jeden einzelnen Betroffenen – die Strafen nach wie vor eher behutsam verhängt werden. Der zur Verfügung stehende Strafrahmen wird jedenfalls im Vergleich zu Gewalt- oder gar Sexualdelikten längst nicht so strapaziert, wie man es auch für Ersttäter durchaus vertreten könnte.

Bewährung oder nicht – dieser Eiertanz fällt gerade in grenzwertigen, aber auch in vielen eindeutigen Fällen, in denen die Steuerschuld nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eigentlich keine Bewährung mehr zulässt, doch noch oft genug zur grenzenlosen Erleichterung der Betroffenen aus.

Auch im Bereich unterhalb der Bewährungsfrage werden Steuerstraftäter sicher längst nicht mal so mittelheftig angefasst, wie es das Gesetz problemlos ermöglichen würde. Im Gegenteil. Der Strafbefehl, also das schriftliche Urteil ohne Gerichtsverhandlung, ist hier das Mittel der Wahl. Das Verfahren lässt sich damit noch immer sang- und klanglos erledigen, zumal ja durch das Steuergeheimnis die Öffentlichkeit im Vorfeld meist gar nichts von den Anschuldigungen erfährt. Und damit auch keine lästigen Fragen stellen oder gar Unzufriedenheit äußern kann.

Natürlich geschieht das nicht durch Rechtsbeugung oder völlig unvertretbare Rabatte. Aber mittels kreativem Rausrechnen vermeintlich fragwürdiger Positionen, Teileinstellungen und sonstigen (noch) legalen Arrangements lässt sich durchaus ausreichend Luft nach unten schaffen.

Ich jedenfalls kenne genug Steuerstrafverteidiger, welche souverän und extrem erfolgreich auf der Klaviatur des stillschweigenden und oft auch handfesten Deals die richtigen Töne treffen. Überprüft werden solche Arrangements ja letztlich auch nicht. Wo weder Staatsanwalt noch Verteidigung etwas unternehmen, tritt halt Rechtskraft ein und die Akte wird abgelegt.

Ich wage als Kontrapunkt zu Minister Kutschaty die These, es würde Steuersünder wesentlich härter treffen und Steuerbetrug wirksamer bekämpfen, wenn die heutigen Strafrahmen in diesem Bereich etwas weniger beschuldigtenfreundlich ausgeschöpft würden. Tatsächlich würde Kutschatys aufgewärmte Idee sogar nur weitere Fluchtpunkte schaffen.

Wenn das Fahrverbot eine Option wird (und entgegen Kutschatys Idee wird es kaum auf Geldstrafen zu beschränken sein), gibt es bei Steuersündern eben eine Möglichkeit mehr für eine geringere Freiheitsstrafe auf Bewährung. Oder für einen spürbaren Abschlag auf die Geldstrafe. Und gerade im kritischsten Bereich – Knast oder nicht Knast – würde damit eine tolle Verhandlungsmasse geschaffen.

„Mein Mandant verzichtet freiwillig ein Jahr auf seinen Führerschein“, wird der Vorschlag lauten. Nach Kutschatys Logik kann diese enorme Belastung einen Richter doch nur höchste Ehrfurcht abfordern, geht der Beschuldigte doch tatsächlich freiwillig durch die Vorhölle eines Lebensabschnitts, während dem er doch tatsächlich seine Karosse nicht selbst lenken darf.

Genau diese vermeintlich so enorme Selbstgeißelung wäre in der Praxis dann vielleicht das letzte notwendige Argument, den Angeklagten ganz ausnahmsweise und natürlich schwersten Herzens nicht in den Knast zu schicken – obwohl er nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ganz genau dorthin gehörte. Ich garantiere, dafür fährt auch ein Zahnarzt gerne mal Straßenbahn, wenn er es nicht ohnehin schon heute tut.

Besser mit Beutel

Vor einigen Tagen versuchte mein etwa siebenjähriger Sitznachbar im Flugzeug, eine Kotztüte aufzublasen. Das erinnerte mich daran, dass ich endlich mal was über diesen Bamberger Taxifahrer schreiben sollte, der offenbar deutlich schlechter ausgestattet ist als Air Berlin.

Der Taxifahrer fuhr 64 Stundenkilometer zu schnell, als er auf der Autobahn in eine Radarfalle düste. Als Entschuldigung brachte er vor, sein Fahrgast sei besoffen gewesen und habe den Eindruck gemacht, als müsse er sich gleich übergeben. Deshalb habe er, der Taxifahrer, Gummi gegeben, um die nächste Ausfahrt zu erreichen.

Das Amtsgericht sprach den Taxifahrer tatsächlich frei und ersparte ihm unter anderem ein zweimonatiges Fahrverbot. Es erkannte auf „rechtfertigenden Notstand“. Unter anderem auch deswegen, weil das fragliche Tempolimit ohnehin nur dem Lärmschutz diente. Das Oberlandesgericht Bamberg mochte als nächste Instanz dieser Argumentation allerdings nicht folgen.

Es sei dem Fahrer doch gar nicht um die Sicherheit seines Kunden gegangen. Sondern nur darum, dass sein Auto nicht versaut wird. Im Gegensatz dazu überwiege das öffentliche Interesse an Einhaltung der Verkehrsregeln. Letztlich, so das Gericht, hätte der Taxifahrer ja ohnehin eine handelsübliche, überall leicht erhältliche Brechtüte, z.B. die auch beim Ferienstart mit Kindern absolut unentbehrliche Premiumversion mit dem großartigen Namen Duke Puke (Amazon Partner-Link), vorhalten können. Wer besoffene Fahrgäste transportiere, könne auch daran denken (Aktenzeichen 3 Ss OWi 1130/13).

So gut wie vermietet

Auch eine Sache, die nicht gemietet ist, kann so gut wie gemietet sein. Klingt paradox, ist aber durchaus möglich, wie ein Fall aus München zeigt.

Vor 37 Jahren wurde eine Wohnung vermietet. Seitdem nutzte der Mieter nicht nur die Wohnung, sondern auch das Dach der anliegenden Doppelgarage als Terrasse. Mitvermietet war das Garagendach eindeutig nicht. Der damalige Eigentümer hatte aber der Nutzung zugestimmt. In der Folgezeit baute der Mieter sogar einen Übergang von seinem Küchenfenster auf die Terrasse und brachte eine Art Reling an.

Der heutige Vermieter, Sohn des freundlichen Hauseigentümers, wollte nun sein Garagendach wieder für sich haben. Oder es leer sehen. Er berief sich darauf, dass eine „Gestattung“ nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der Regel frei widerruflich ist. Außerdem sei das Dach baurechtlich nicht genehmigt.

Im Grundsatz gab das Gericht dem Vermieter recht. Allerdings gebe es da noch dieses Dings namens Treu und Glauben. Nach so langer Zeit sei es erforderlich, dass der Vermieter für den Widerruf einen triftigen Grund hat. Den konnte das Gericht nicht erkennen. Auch nicht in der fehlenden Baugenehmigung. Denn zwischen den Parteien war unstreitig, dass das Bauamt noch nie Bedenken wegen der Terrasse geäußert hat. Damit sei auch in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Wobei ich letzteres allerdings bezweifle – wenn der Vermieter nicht völlig auf den Kopf gefallen ist (Aktenzeichen 432 C 25060/13).

Sternchen können reichen

Bei Anrufen zu Premiumnummern kann ein Sternchenhinweis in einer Fußzeile ausreichen, um über den Preis zu informieren. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist es nicht unbedingt erforderlich, dass der Hinweis direkt neben der Rufnummer steht.

Es ging um den Werbebrief eines Finanzdienstleisters. Dieser nannte am Anfang des Schreibens eine 0180-Nummer als Kontaktmöglichkeit. Die Kosten wies ein Sternchen-Hinweis aus, der sich unten auf der Seite fand.

Laut § 66a Telekommunikationsgesetz muss der Preis gut lesbar, deutlich sichtbar und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer genannt werden. Das ist nach Auffassung des Gerichts noch dann der Fall, wenn dies unten auf der Seite steht. Allerdings nur wenn die Fußnote optisch gut wahrnehmbar ist (Aktenzeichen I-15 U 54/14).

Falscher Zeitpunkt

Notiz aus dem Sekretariat:

Herr N. benötigte Hilfe. Die Polizei steht vor der Tür und wollte in sein Haus. Einen Durchsuchungsbefehl hatten sie auch vom Amtsgericht. Einen Rückruf oder Anruf auf Ihrem Handy hat er ausdrücklich abgelehnt, da die Polizei jetzt wahrscheinlich das Haus durchsucht und dann sowieso alles zu spät ist.

Da war ich wohl zum falschen Zeitpunkt auf dem Klo. Mir ist aber auch nicht ganz klar, was der mögliche Mandant von mir erwartet hätte. Dass ich mit meinen Superkräften die Polizei aufhalte, wenn die einen Durchsuchungsbeschluss in der Tasche hat? Das gelingt wirklich nicht so häufig.

Aber vielleicht hat er den für ihn richtigen Anwalt ja noch ans Telefon gekriegt.