In Niedersachsen soll ein amtierender Richter im großen Stil Prüfungsaufgaben für das Zweite Juristische Staatsexamen verkauft haben. Der Fall sorgte für Aufsehen. Da stellt sich die Frage: Wie gehen die Behörden mit so einem Skandal um?
Es sieht so aus, als hätte sich das niedersächsische Justizministerium für die Offensive entschieden. Sage und schreibe 84 Sonderprüfer wurden abgestellt. Sie durchforsten derzeit alle Klausuren, die Prüflinge seit 2011 in Niedersachsen geschrieben haben. Es handelt sich um die Arbeiten von 2.000 angehenden Volljuristen.
Dabei könnten auch Karrieren auf dem Spiel stehen. Immerhin 101 der Geprüften sollen heute als Richter arbeiten. Ihnen würde ein nachgewiesener Betrug wahrscheinlich die Karriere kosten. Aber auch Anwälte sind gefährdet, denn bei einer Aberkennung des Zweiten Staatsexamens fehlt ihnen die formale Qualifikation für ihren Job.
Solche Konsequenzen sind wohl nicht nur Theorie. Denn, so Justizministerin Antje Niewisch Lennartz, bei einer Reihe von Kontrollen hätten sich bereits „Auffälligkeiten“ herausgestellt.
Sollte ein niedersächsischer Richter wegen Betrugs sein Amt verlieren, müssten die von ihm entschiedenen Verfahren nicht neu aufgerollt werden. Die Aberkennung des Amtes würde nicht in die Vergangenheit zurückwirken.
Eine spannende Frage könnte auch sein, ob mögliche Mogel-Anwälte ihren Auftraggebern das Honorar zurückzahlen müssen. Oder gar zu Schadensersatz verpflichtet sind, wenn ein von ihnen betreuter Prozess nicht gut verlaufen ist. Diese Fragen müssten dann – hoffentlich – „echte“ Richter beurteilen.