Was ist ein Strafverteidiger? Über diese Frage muss sich wahrscheinlich das Amtsgerichts Fürstenfeldbruck demnächst den Kopf zerbrechen. Dort ist ein gelernter Mechatroniker wegen Titelmissbrauchs angeklagt.
Der Mann hatte von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, für einen mutmaßlichen Schwarzfahrer im Strafverfahren als „Verteidiger“ aufzutreten. Das ist in kleineren Fällen auch für Nichtjuristen durchaus möglich. Auch wenn – zum Glück für uns Anwälte – kaum jemand mal was von dieser Vorschrift gehört hat. Einzige Hürde ist die Zulassung als Verteidiger, über die das Gericht auf Antrag entscheiden muss.
Dem Mechatroniker war es gelungen, den Richter davon zu überzeugen, dass er die – nicht besonders hohen – Anforderungen erfüllt, um als Verteidiger für den angeblichen Schwarzfahrer aufzutreten. Zur Anklage gegen ihn kam es, weil er fälschlicherweise den (eindeutig geschützten) Titel „Rechtsanwalt“ geführt haben soll. Und zwar bei der örtlichen Polizei, wo er seinen „Mandanten“ nach dessen Festnahme abholte.
Im Polizei-Protokoll soll jedenfalls vermerkt sein, der Beistand habe sich als „Rechtsanwalt“ ausgegeben. Das jedoch bestreitet der Mechatroniker. Er sagt, er habe sich lediglich als Strafverteidiger vorgestellt. Nur habe der Polizist das wohl mit Rechtsanwalt „übersetzt“ und so ins Protokoll geschrieben. Dafür sei er aber nicht verantwortlich, da er sich nicht selbst als Rechtsanwalt bezeichnet habe.
Eine durchaus geschickte und, wie ich finde, vielversprechende Verteidigungsstrategie. Einen geschützten Titel „führt“ man nämlich nur dann, wenn man sich aktiv als Rechtsanwalt, Arzt etc. ausgibt. Dass andere dich so bezeichnen, ist deren Problem.
Sollte der Polizist also eigenmächtig aus dem „Strafverteidiger“ einen „Rechtsanwalt“ gemacht haben, wäre der Betroffene wahrscheinlich vom Haken. Denn der Titel „Strafverteidiger“ wird vom Gesetz nicht geschützt.
Helfen könnte dem Mann auch ein ebenfalls wenig bekannter Umstand: Als vollwertige Strafverteidiger, die keine besondere Zulassung vom Gericht benötigen, können nicht nur zugelassene Rechtsanwälte, sondern durchaus auch andere Personen auftreten. Zum Beispiel Juraprofessoren. Nicht mal im Kern ist der Begriff Strafverteidiger also identisch mit Titel Rechtsanwalt.
Ein Urteil wurde in der Sache allerdings noch nicht gefällt. Der Mechatroniker war seinerseits mit einem Nichtanwalt als Beistand erschienen, den das Gericht allerdings aus Zweifeln an seiner Qualifikation nicht zuließ. Dagegen wurde dann prompt Beschwerde eingelegt, über die jetzt erst vor der Hauptsache entschieden werden muss.