Mit einer fragwürdigen Ermittlungsmethode gerät die Polizei in Baunatal in die Kritik. Die Ermittler hatten von 15 Mitarbeiterin im örtlichen VW-Werk DNA-Proben genommen. Offiziell auf „freiwilliger“ Basis. Allerdings wäre auch hierfür eine richterliche Anordnung erforderlich gewesen.
Es ging um einen unappetitlichen Sachverhalt. Eine VW-Angestellte hatte Spermaspuren auf ihrer Jacke entdeckt. Sie vermutete, dass ein Kollege ihre Kleidung besudelte. Deshalb trat die Polizei an 14 VW-ler heran, die im Umfeld der Betroffenen arbeiten und als Verursacher in Frage kamen.
Wie genau das geschehen ist, darüber gibt es unterschiedliche Versionen. Währen die Polizei davon spricht, sie habe die Speichelproben „freiwillig“ erhalten, scheinen das einzelne Testkandidaten anders zu sehen. Die Hessische Niedersächsische Allgemeine berichtet vom Schreiben eines Betroffenen. In dem Brief schildere der Angestellte die Situation nicht gerade so, dass die Polizei den Testkandidaten viel Spielraum ließ. Auch sei keinem gesagt worden, wofür der Test überhaupt benötigt werde.
Wie auch immer, selbst eine auf dem Papier „freiwillige“ DNA-Untersuchung hätte die Polizei wohl nicht selbst anordnen dürfen. Nach § 81h Strafprozessordnung müssen Reihenuntersuchungen, bei denen Personen nach einem bestimmten Raster überprüft werden, vorab von einem Richter angeordnet werden. Ohne diese Anordnung darf die Polizei gar nicht um eine „freiwillige“ Speichelprobe bitten.
Überdies sind solche Tests auch nur zulässig, wenn ein Verbrechen begangen wurde. Verbrechen sind Straftaten, die mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis bedroht sind. Diese Voraussetzung ist aber nicht erfüllt. Die in Frage kommenden Delikte (Sachbeschädigung, Beleidigung) sind lediglich Vergehen, die milder bestraft werden können.
Nun wird sich die Frage stellen, ob die Polizei das Gesetz nicht kennt. Oder ob sie es kennt und schon deshalb gleich darauf verzichtet hat, einen Richter zu fragen. Da dieser die Tests nämlich nicht hätte erlauben dürfen. Für letzteres, die bedenklichere Variante, spricht der Umstand, dass laut den Zeitungsberichten die Akte bislang noch nicht mal der zuständigen Staatsanwaltschaft vorliegen soll. Diese leitet aber an sich die Ermittlungen und müsste den Antrag ans Gericht stellen.
Wie so oft in dieser Konstellation, wird sich die Polizei am Ende wahrscheinlich im Lichte ihres Fahndungserfolges sonnen und die juristischen Bedenken als unbedeutsam abtun. Der Mann, von dem das Sperma stammt, hat sich nämlich dem Test unterzogen, konnte so mittlerweile ermittelt werden und hat auch ein Geständnis abgelegt.
Bericht in der Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen: (1) (2)