Die nun von der Wirtschaft und Teilen der Regierungskoalition geforderten Ausnahmen beim Mindestlohn wären verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Arbeits- und Sozialrechtlers Ulrich Preis von der Universität Köln.
Besonders hart ins Gericht geht die Studie mit dem Plan, keinen Mindestlohn (geplant sind derzeit 8,50 Euro) für unter 18-Jährige vorzuschreiben. Das sei im juristischen Sinne „anstößig“, meint Preis, denn hierdurch werde für Arbeitgeber gerade ein Anreiz zur Ausnutzung Jugendlicher geschaffen (z.B. bei der Vergabe einfacher Arbeiten wie Regaleinräumen). Das Gesetz führe damit zu „niedrigbezahlter Kinder- und Jugendarbeit“, ohne dass es hierfür einen sachlichen Grund gebe.
Auch die Vorstellung, bestimmte Branchen oder Berufsgruppen (z.B. Zeitungszusteller) auszunehmen, lasse sich nicht rechtfertigen. Gleiches gelte für ähnliche Regelungen bei Rentnern. Hier sieht Preis einen krassen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung.
Abweichungen beim Mindestlohn hält das Gutachten im wesentlichen nur bei Auszubildenden, Praktikanten und Langzeitarbeitslosen für vertretbar. Diese Gruppen sollen nach der jetzigen Planung nicht dem Mindestlohn unterfallen.
Das Gutachten wurde im Auftrag der gewerkschaftsnahmen Hans-Böckler-Stiftung erstellt und ist hier abrufbar.