Meinem Mandanten wird vorgeworfen, er habe vor einiger Zeit in Deutschland geheiratet, obwohl er verheiratet war.
Mein Mandant sagt allerdings, das stimmt nicht. Er habe zwar mit seiner vermeintlichen Ehefrau ab 1985 für einige Jahre zusammengelebt, immerhin haben sie ein gemeinsames Kind. Aber geheiratet habe er sie nie.
Nun fordert mich das Gericht auf, ich möge belegen, dass mein Mandant im Jahr 1985 nicht geheiratet hat. „Um Vorlage geeigneter Dokumente wird gebeten.“
Ich frage mich, wie ich so ein Negativum belegen soll, noch dazu durch Unterlagen. Soll ich beim zuständigen Stammesältesten – der erste Ehehafen hat angeblich in Afrika gelegen – eine Urkunde darüber anfordern, dass er meinen Mandanten nicht verheiratet hat?
Oder am besten gleich von allen 150 Stammesältesten in der betreffenden Provinz. Denn wenn einer sagt, er habe meinen Mandanten nicht verheiratet, kann die Ehe ja auch im Nachbarsdorf geschlossen worden sein. Oder gar in der nächsten größeren Stadt, auch wenn die wohl knappe 600 Kilometer vom damaligen Zuhause entfernt liegt und die Busverbindung laut meinem Mandanten so beschwerlich ist, dass man sie für gewöhnlich nur zwei-, drei Mal im Leben auf sich nimmt.
Ich habe in meiner Antwort deshalb auf eine bewährte Regel im Strafprozess hingewiesen. Danach muss nicht der Angeklagte seine Unschuld beweisen. Sondern der Staatsanwalt die Schuld des Angeklagten.
Der Richterin kann ich die Anfrage gar nicht verübeln. Sie macht das wohl nur vetretungsweise. In ihrem Hauptjob als Zivilrichterin sieht das mit der Beweislast mitunter tatsächlich völlig anders aus.
Aber vielleicht kann der Staatsanwalt ja einfach eine E-Mail schicken. In vier bis fünf Jahren soll das betreffende Dorf wohl einen Anschluss kriegen.
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