Das Strafrecht soll es richten. Mal wieder. Die Große Koalition will sich an Frankreich und den skandinavischen Ländern orientieren und Prostitution strafbar machen. Nicht die Prostituierte, sondern der Kunde soll gegebenenfalls verfolgt werden.
So sehen es nach Medienberichten die aktuellen Planspiele vor, welche die künftige Bundesregierung umsetzen soll. Immerhin gehen die Pläne derzeit nicht so weit, Prostitution insgesamt zu verbieten. Den verantwortlichen Politikern scheint klar zu sein, dass trotz lautstarker Befürworter wie Alice Schwarzer eine Prohibition der Prostitution kaum durchsetzbar wäre.
Zum einen, weil die moralisch-religiöse Keule in unserem Land längst zum Gummihämmerchen verkümmert ist. Zum anderen, weil der Versuch, das Gewerbe nicht nur auf dem Papier zu verbieten, quer durch die Weltgeschichte bislang immer gescheitert ist. Dass dies dann ausgerechnet in einer – in den Kernzügen – noch liberal eingestellten Gesellschaft wie der unseren gelingen soll, ist ja wohl kaum anzunehmen.
Stattdessen also der Gedanke, wenigstens die Kunden von Zwangsprostituierten zu bestrafen. Das soll unter der Voraussetzung möglich werden, dass die Zwangslage der Betroffenen für den Kunden erkennbar ist. Da schwingt die Vorstellung mit, Prostituierte würden in Ketten an ihren Arbeitsplatz geführt und wiesen erkennbare Misshandlungsspuren auf, so dass jeder Kunde trotz diffuser Beleuchtung sofort eine Notlage diagnostizieren kann.
So einfach ist es aber nicht. Die weitaus meisten Zwangslagen beruhen auf psychischem Druck. Diesen Druck kann der Kunde im Regelfall nicht erkennen. Ich stelle mir also die Frage, welchen Anwendungsbereich so eine Strafdrohung überhaupt haben kann.
Überdies: Erkennt der Kunde die Notsituation oder wendet er gar selbst Gewalt an, gibt es für sein Verhalten bereits strafrechtliche Normen. Sie heißen etwa Nötigung und Freiheitsberaubung. Und Körperverletzung oder gar Vergewaltigung. Diese Vorschriften schützen auch Sexarbeiter.
Bleibt also der Verdacht, dass die angehende Regierung vordergründig mit ihrem Gesetzesvorhaben tatsächlich gar keine Bestrafung bezweckt. Sondern Abschreckung. Die schlichte Angst vor möglichem Ärger soll davon abhalten, sexuelle Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. In diese Richtung geht ja eindeutig der etwa bei Spiegel online zitierte Satz einer Verhandlungsführerin, Freier müssten künftig halt damit rechnen, „dass zu Hause die Polizei vor der Tür steht“.
Das Strafrecht dient demnach als moralischer Hebel. Auch damit haben wir schon Erfahrungen gemacht. Sehr schlechte.