War das ein Zufall? Jedenfalls war es ein günstiger Moment für einen vielbeschäftigten Architekten. Der Planer baute gerade ein Fachmarktzentrum im rheinischen Hürth – und erwischte die Stadtverwaltung beim illegalen Kanalbau auf seinem eigenen Grundstück. Was nun?
Vorbei an umständlichen Gesetzes-Regularien dachte der Anwalt des Architekten strategisch und handelte auch so. Er vereinbarte mit dem technischen Beigeordneten der Stadt ein (rechtlich unzulässiges) Koppelungsgeschäft: Der Bauherr verzichtet auf die Genehmigung des Kanalbaus. Im Gegenzug genehmigt die Stadt Hürth nachträglich ein Vordach für den Fachmarkt. Das war ein Deal, unter Männern sozusagen. Von wegen.
Später, so Architektenanwalt Dr. H., „schlug die Stadt zu, unterlief die Vereinbarung“. Sie berechnete für die nachträgliche Genehmigung der – zwischendurch abgewandelten – Vordachkonstruktion per Bescheid 12.889,50 Euro. Einen „verdreifachten“ Satz monierte der Anwalt. Er schäumtee. Und mahnte den Beigeordneten auf dem Dienstweg.
„Wir beide persönlich“, schrieb Dr. H. an den Dezernatsleiter, „hatten einen Deal ausgehandelt“. „Sie als der zuständige Vorgesetzte haben es in der Hand, den Deal auch umzusetzen und als Gegenleistung für die unentgeltlich eingeräumte Dienstbarkeit auf die Verdreifachung der Baugenehmigungsgebühr (im Nachhinein) zu verzichten.“ Die lapidare Antwort kam vom städtischen Rechtsdirektor. Er habe die Angelegenheit nochmals mit Hilfe des Rechnungsprüfungsamtes überprüft und sei zu keiner Beanstandung gekommen: „Ich bedaure, Ihnen hierin nicht entgegen kommen zu können.“
Anwalt H. zog für seinen Mandanten vor das Verwaltungsgericht Köln. Der zuständige Richter ließ vorab wissen, „rein formal“ sei die Gebühr rechtens. Aber den Anwalt und seinen Mandanten ließ der „Wortbruch“ der Stadtverwaltung nicht kalt. Es kam zu einem Erörterungstermin, in dem der Awalt sogar von einem „Spitzbubenstück“ gesprochen haben soll.
Letztlich gelang dem Richter die Schlichtung. Ohne Gesichtsverlust für beide Seiten. Der Architekt und sein Anwalt erkennen den umstrittenen Gebührenbescheid der Stadt Hürth nun doch als „korrekt und bestandskräftig“ an. Andererseits freilich verpflichtet sich die Stadt, für die Eintragung der Grunddienstbarkeit (die Genehmigung des Kanals) für den Regenwasserkanal einen einmaligen Betrag in Höhe von 5.000 Euro zu zahlen.
Das bedeutet faktisch: Die Stadtverwaltung hat ihren Gebührenbescheid um 5.000 Euro reduziert. Und damit letztlich den Deal unter Männern leidlich eingehalten. Der betreffende Beigeordnete, das mag Zufall sein, wurde inzwischen „verabschiedet“. Sein Dezernat wurde aufgelöst. Der Bürgermeister hatte die Neuorganisation eingeleitet, so heißt es offiziell, „um die Finanzsituation der Stadt positiv zu beeinflussen“. (pbd)