Wenn Polizeibeamte in Zivil eine Demonstration beobachten, müssen sie sich der Versammlungsleitung zu erkennen geben. So steht es im Niedersäschsischen Versammlungsgesetz. Ähnliche Regelungen finden sich auch in den Versammlungsgesetzen anderer Länder. Das Verwaltungsgericht Göttingen entschied nun, dass die Regelung ernst zu nehmen ist. Auch Polizeibeamte, die sich als Passanten tarnen und verborgen ermitteln, müssen sich dem Versammlungsleiter offenbaren.
Geklagt hatte eine niedersäschsische Atomkraftgegnerin. Ihr hatte die Polizei mehrfach bei Mahnwachen vor dem Alten Rathaus Auskunft darüber verweigert, ob neben uniformierten Beamten auch Zivilkräfte eingesetzt werden. Nach Presseberichten vertrat der Prozessvertreter der Polizeidirektion die Auffassung, das Gesetz sei „zu eng formuliert“. Er behauptete sogar, der Gesetzgeber habe einen „redaktionellen Fehler“ gemacht.
Die Klägerin argumentierte dagegen, der Wortlaut des Gesetzes sei eindeutig und sehe keine Ausnahmen vor. Es gebe auch einen guten Grund für die Vorschrift. Damit habe die Bespitzelung friedlicher Versammlungen verhindert werden sollen. Immerhin könnten sich Demonstranten abgeschreckt fühlen, ihr Grundrecht in Anspruch zu nehmen, wenn sie mit einer unbekannten Zahl ziviler „Beobachter“ rechnen müssten.
Das Verwaltungsgericht Göttingen gab der Klägerin recht. Allerdings ließ das Verwaltungsgericht die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu.