Die Staatsanwaltschaft München I lehnt eine Gutachterin als befangen ab – weil sie sich in der Fernsehsendung “Beckmann” kritisch über den Fall Gustl Mollath geäußert hat.
Gleich in drei laufenden Prozessen macht ein Staatsanwalt geltend, seiner Behörde fehle nach dem Fernsehauftritt der Münchner Psychiaterin Hanna Ziegert das notwendige Vertrauen.
Ziegert sagte bei “Beckmann”, Gutachter würden in Bayern durchaus ergebnisorientiert ausgewählt. Die Mediziner seien auf Aufträge von der Staatsanwaltschaft angewiesen. Sie achteten deshalb darauf, nicht in Ungnade zu fallen. Das sei jedem, der in der Szene arbeitet, genau bekannt. Auch einen Vergleich Ziegerts, wonach der bayerische Maßregelvollzug vielleicht doch etwas anders sei als in anderen Teilen Deutschlands, beanstandet die Staatsanwaltschaft.
Von einer Äußerung Ziegerts, das Ganze erinnere sie manchmal eher an Mailand und Sizilien, wobei Bayern dann Sizilien wäre, scheint die Staatsanwaltschaft besonders aufgebracht. Ziegert attestiere der bayerischen Justiz damit “mafiöse Tendenzen” und eine “rechtsstaatsferne Ausgestaltung” des Verfahrens.
Die Gutachterin hält dagegen, sie habe nur auf ein gewisses “Nord-Süd-Gefälle” hinweisen wollen. Ziegert, die seit mehr als 30 Jahren als Gerichtsgutachterin arbeitet, will nun ihrerseits die Münchner Staatsanwaltschaft verklagen.
Interessant ist, dass das Verhalten des Staatsanwalts vieles von dem bestätigt, was Ziegert behauptet. Und überdies noch ein merkwürdiges Verständnis von Meinungsfreiheit dokumentiert. Aber so was fällt halt erst auf, wenn der Beißreflex wieder abgeklungen ist.