In England war die Reise erst mal zu Ende. Die britischen Behörden hielten den Lebensgefährten des Enthüllungs-Journalisten Glenn Greenwald fest. Greenwald veröffentlicht die die Unterlagen des amerikanischen Whistleblowers Edward Snowden. Die Beamten nötigten David Miranda die Passwörter für seine Hardware ab und behielten die Rechner ein. Erst nach neun Stunden Verhör, in dem Miranda nach eigenen Angaben mit Gefängnis bedroht wurde, durfte der Brasilianer in seine Heimat weiterfliegen.
Verstörend ist das alles vor allem, weil von den britischen Behörden nicht ein Wort der Entschuldigung über die Lippen kommt. Im Gegenteil, sie fühlen sich im Recht. Dabei berufen sie sich auf die Antiterrorgesetze im Land. Diese sehen in der Tat vor, dass Verdächtige einfach so festgehalten werden dürfen. Bis zu einem halben Tag und ohne Anspruch auf Rechtsbeistand.
Allerdings dürfte bei David Miranda nicht mal der leiseste Verdacht bestehen, dass er in terroristische Aktivitäten verwickelt ist. Er hilft Glenn Greenwald bei der Aufarbeitung der Snowden-Papiere. Das ist sicherlich etwas, was der britischen Regierung nicht gefällt. Aber mit den Gründen, wegen denen die harschen Vorschriften erlassen wurden, hat das alles nichts zu tun. Das alles ist ein offensichtlicher Missbrauch der gesetzlichen Befugnisse, zumal ja irgendwo auch noch die Pressefreiheit eine Rolle spielt, die es auch im EU-Land England noch geben soll.
Die Maßnahme war auch nicht der Alleingang eines eifrigen Beamten. Die USA waren laut dem Guardian nämlich im Vorfeld informiert, auch wenn Amerika nach eigenen Angaben keine aktive Rolle spielten. Absehbar war außerdem, dass ein öffentlicher Aufschrei (und den gibt es in England gerade) unausweichlich sein dürfte. So ein panisches Verhalten von offizieller Seite lässt den Schluss zu, dass mit den bisherigen Snowden-Enthüllungen noch längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist – auch wenn wir schon an den bisherigen Kenntnissen noch lange zu verdauen haben werden.
Ins Bild passt da auch, was der Guardian-Chefredakteur, in dessen Blatt die meisten Snowden-Unterlagen veröffentlicht werden, nun an versuchter Einflussnahme berichtet hat. Er schildert Kontakte mit hochrangigen Regierungsvertretern, die im Kern auf Nötigung hinausliefen. Am anschaulichsten ist aber die Schilderung, wie Mitarbeiter des britischen Geheimdienstes persönlich überwachten, wie Festplatten und ein iMac im Keller des Guardian zerstört werden mussten.
Natürlich hat man beim britischen Geheimdienst schon mal was von Sicherungskopien gehört. Aber die offensichtliche Unsinnigkeit solcher Aktionen macht das Verhalten der Behörden noch abstoßender. Offenbar geht es ihnen schlicht um Einschüchterung. Solche Ereignisse verortet man sonst eher in Russland.
Wir Deutschen können da natürlich erst mal nur zusehen. Aber diese passive Rolle wäre verfehlt. Hier handeln unsere geschätzten und zuverlässigen Partner. Jedenfalls sind sie dies aus Sicht der Bundesregierung. Die weiß ja schon heute, dass die Briten sich strikt an Recht und Gesetz halten – obwohl von dort noch kein Ton zu den Überwachungsmaßnahmen gekommen ist.
Solche Festlegungen sind im Licht der aktuellen Ereignisse nicht nur voreilig. Sie sind geradezu lächerlich.