Wenn es um Tempo- oder Abstandsverstöße im Straßenverkehr geht, kommt es immer wieder zum Streit vor Gericht. Der Anwalt des mutmaßlichen Verkehrssünders möchte die Bedienungsanleitung des Messgeräts sehen. Was die Bußgeldstelle gern verweigert – zum Beispiel mit einem ziemlich schrägen Hinweis auf angebliche Urheberrechte des Geräteherstellers.
Dass Anwälten die Unterlagen nicht gern gegeben werden, sei an dieser Stelle geschenkt. Um dieses Problem drehen sich etliche Prozesse. Sie gehen mal in die eine, mal in die andere Richtung aus.
Allerdings habe ich bislang noch nicht gehört, dass sogar dem Bußgeldrichter die Bedienungsanleitung vorenthalten wird. So passierte es einem Amtsrichter in Bremervörde. Er hatte die Unterlagen sehen wollen, das Ordnungsamt verweigerte dies. Begründung: Urheberrecht.
Der Richter reagierte, wie man es erwarten konnte. Er sprach den Betroffenen frei, weil bei ihm Zweifel an der Korrektheit der Messung blieben. Den Freispruch hat das Oberlandesgericht Celle nun mit einer bemerkenswerten Begründung aufgehoben. Nach Auffassung der Richter hatte sich ihr Kollege in erster Instanz nicht ausreichend darum bemüht, an die Bedienungsanleitung zu kommen.
Wenn alles nichts fruchtete, so das Gericht, hätte ein Durchsuchungsbeschluss erlassen werden können. Mit anderen Worten: Stellt sich die Behörde quer, kommt die Polizei ins Haus. Sicher nichts, worauf es Bußgeldstellen ernsthaft anlegen.
Als Verteidiger ist man also künftig noch besser beraten, wenn man versucht, den Richter ins Boot zu kriegen. Ist der davon überzeugt, dass die Bedienungsanleitung wichtig ist, wird man sie auch zu sehen bekommen.
Das Oberlandesgericht Celle nennt übrigens noch andere Möglichkeiten. Auch eine Durchsuchung beim Gerätehersteller komme in Betracht. Das wird diese Firmen freuen – mit dem faden Urheberrechtsargument laufen sie spätestens dann gegen die Wand. Vielleicht sind sie bei diesen Aussichten sogar bereit, dem Gericht eine Gebrauchsanleitung zu verkaufen. Auch zu so einer Anschaffung sei der Richter ermächtigt, heißt es.
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