Verstoßen

Unser tägliches Juristendeutsch gib uns heute. Diesmal die Notiz eines Staatsanwalts:

Die Akte war zeitweise in Verstoß geraten und konnte nunmehr wieder aufgefunden werden.

500 Euro von PayPal – schön wär’s

Für reichlich Freude bei deutschen PayPal-Kunden sorgte in den letzten Stunden eine E-Mail. PayPal teilte darin mit, der Kunde habe 500 Euro gewonnen. Auch wenn die Mail wohl echt ist, werden die Empfänger vergebens auf ihr Geld warten. Denn laut PayPal handelte es sich um einen technischen Fehler.

Dabei ist die Mail echt – so viel steht schon fest, denn PayPal hat den Versand mittlerweile eingeräumt.  PayPal veranstaltet derzeit auch wirklich ein Gewinnspiel. Wer innerhalb des Aktionszeitraum via PayPal zahlt, nimmt automatisch an der Verlosung der Geldgewinne teil. Dennoch ist es laut PayPal für die Gewinnauszahlung noch viel zu früh. Denn laut der Firma hat die Auslosung noch gar nicht stattgefunden. Die (Massen-)Mail mit der frohen Botschaft sei versehentlich verschickt worden.

Auch wenn PayPals Mitteilung nachvollziehbar klingt und die Zahlungsverweigerung verständlich ist, ganz so einfach wird ein Rückzieher es für das Unternehmen möglicherweise nicht sein. Es gibt nämlich einen Paragrafen, der Gewinnzusagen für verbindlich erklärt und dem Empfänger einen klagbaren Anspruch auf das Geld gibt. Dabei kommt es an sich nur darauf an, ob der Adressat die Mitteilung ernst nehmen durfte. Und das ist bei der Mail durchaus der Fall.

Allerdings muss eine Firma nicht an die Gewinnzusage gebunden sein, wenn sie diese nachweislich gar nicht versenden wollte, etwa weil ein Mitarbeiter den falschen Verteiler angeklickt hat. Solche Fälle gibt es ja auch häufig, wenn Versandhäuser falsche Preise auszeichnen, Produktbilder oder –beschreibungen vertauschen. Das sind dann juristisch gesehen Irrtümer. Sie berechtigen das Unternehmen im Regelfall zumindest zur Anfechtung. Ist diese erfolgreich, löst sich vermeintliche Anspruch in Luft auf.

Ob und wie Paypal die Anfechtung erklärt, wird sich zeigen. Eine öffentliche Entschuldigung reicht jedenfalls nicht aus, vielmehr muss PayPal jeden betroffenen Kunden direkt anschreiben. Und zwar, so fordert es das Gesetz, “unverzüglich”. Was im vorliegenden Fall eine Frist von einer, maximal zwei Wochen bedeutet.

Wer es unbedingt möchte, kann natürlich auf jeden Fall den Gewinn einfordern und notfalls sogar klagen. Eine Rechtsschutzversicherung ist da allerdings hilfreich. Der Rechtsschutz muss nach diversen Gerichtsurteilen auch Kostenschutz für Klagen wegen Gewinnzusagen erteilen.

Verschwundene Golfschuhe

Wenn ein Päckchen auf dem Postweg verloren geht, muss der Versender nicht unbedingt auf dem Schaden sitzenbleiben. Das Amtsgericht München bezweifelt etwa, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Post wirksam in Verträge einbezogen sind.

Nach ihrem Kleingedruckten haftet die Post nur für verlorene Päckchen, wenn sie per Einschreiben, Einschreiben Einwurf, Eigenhändig, Rückschein oder Nachnahme gesandt worden sind. Auf diese Regelungen berief sich die Post, als eine Kundin den Verlust eines Pakets mit gebrauchten Golfschuhen reklamierte, die sie für 41,56 Euro verkauft hatte. Das Päckchen mit den Golfschuhen traf aber nie beim Empfänger ein.

Die Kundin wandte ein, die Post habe sie nicht über die Bedingungen informiert. Das überzeugte das Amtsgericht München. Es genüge nicht, dass in der Postfiliale ein Aushang angebracht sei, bei dem unter „Produkte und Preise auf einen Blick“ im Kleingedruckten unter anderem vermerkt sei: „Näheres regeln unsere AGB sowie eine Übersicht, die Sie in den Postfilialen einsehen können“.

Diese Bezugnahme auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, klein gedruckt und in einem Aushang über Produkte und Preise versteckt, sei überraschend. Das hat juristisch zur Folge, dass die Klauseln nicht wirksam in den Vertrag einbezogen wurden. Ob die Übersicht mit den Bedingungen tatsächlich in der Filiale vorrätig war, spiele keine Rolle (Urteil vom 23. April 2013, Aktenzeichen 262 C 22888/12).

Splitting auch für eingetragene Lebenspartner

Die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und “normalen” Ehen beim Ehegattensplitting ist verfassungswidrig. Die entsprechenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes verstoßen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Es fehlt an hinreichend gewichtigen Sachgründen für die Ungleichbehandlung. Dies hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in einem heute veröffentlichten Beschluss entschieden.

Die Rechtslage muss rückwirkend ab der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes zum 1. August 2001 geändert werden. Übergangsweise sind die bestehenden Regelungen zum Ehegattensplitting auch auf eingetragene Lebenspartnerschaften anzuwenden. Das bedeutet für eine Vielzahl eingetragener Lebenspartner erhebliche Steuernachzahlungen.

Das Gericht weist darauf hin, der Schutz der traditionellen von Ehe und Familie rechtfertige es nicht, eingetragene Lebenspartner schlechter zu behandeln. Der Gesetzgeber habe von vornherein eine weitgehende Angleichung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften gewollt. Wenn diese Gleichbehandlung durchgesetzt werde, schränke das den Schutz der traditionellen Ehe nicht ein, sondern verbessere lediglich die Stellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartner. Nach Auffassung der Richter gibt es keinen Grundsatz, wonach die traditionelle Ehe stets „besser“ zu behandeln ist.

Auch im Steuerrecht stünden gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern damit alle Vorteile zu. Ausdrücklich weisen die Richter darauf hin, auch kinderlose Ehepartner hätten seit jeher Anspruch auf das Splitting. Somit könne auch nicht argumentiert werden, das Splitting solle Anreize zum Kinderkriegen schaffen.

Zwei von acht Verfassungsrichtern widersprachen der Mehrheitsentscheidung (Aktenzeichen 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07).

Unverlangt zugesandt

Wer einen versehentlich und unaufgefordert zugesandten Online-Gutschein einlöst, macht sich nicht strafbar. Das hat das Landgericht Gießen entschieden. Nach Auffassung der Richter gib es keinen Straftatbestand, der die Einlösung eines solchen Gutscheins verbietet.

Die Geschichte ist alltäglich. Eine Kundin kaufte bei einem Online-Versender einen Gutschein über 30 Euro. Den Gutschein ließ sie von der Firma direkt an die Beschenkte schicken. Allerdings gab sie die E-Mail-Adresse falsch ein, so dass der Gutschein an einen Unbekannten ging. Dieser löste den Gutschein ein und ließ sich für einen Einkauf 30 Euro gutschreiben. Die Kundin erstattete deswegen Strafanzeige.

Das Versandhaus weigerte sich, der Polizei die Daten des Gutscheinempfängers herauszugeben. Daraufhin beantragte die Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung des Unternehmens. Sie wollte die Daten des Bestellers sicherstellen lassen.

Das Amts- und Landgericht Gießen lehnten die Durchsuchung jedoch ab. Eine Untreue liege nicht vor, der Empfänger habe nämlich keine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Versandhaus oder der Käuferin des Gutscheins. Ein Betrug sein nicht gegeben, weil kein Mensch getäuscht worden sei. Auch einen Computerbetrug verneinen die Richter, denn die Eingabe der Daten sei nicht “unbefugt” erfolgt.

Die Bewertung des Gerichts gilt aber nur für den Fall, dass wirklich ein Versehen vorliegt. Wer sich auf andere Weise “aktiv” Gutscheine besorgt, kann sich gegebenenfalls strafbar machen (Beschluss vom 29. Mai 2013, Aktenzeichen 7 Qs 88/13).

Wechselkennzeichen

Das JURION Strafrecht Blog berichtet über eine mögliche Praxis der Polizei, von der ich bislang nichts gehört habe. Danach schraubt die rheinland-pfälzische Polizei an ihre Autos für die Tempo- und Abstandsmessungen unterschiedliche Kennzeichen aus anderen Bundesländern. Obwohl der Wagen dauerhaft in Mainz zugelassen ist und das Behördenkennzeichen MZ- 34997 lautet, sollen die Beamten “falsche” Kennzeichen nutzen, wahrscheinlich um potenzielle Verkehrssünder in Sicherheit zu wiegen.

Eine Anwältin will das in zwei Fällen selbst mitgekriegt haben. Ihre Mandanten wurden jeweils von einem schwarzen 5-er BMW verfolgt. Das Fahrzeug soll ein niedersächsisches Kennzeichen gehabt haben (SHG für Stadthagen). Die Juristin beantragte Akteneinsicht und war erstaunt, dass das Auto tatsächlich ein Mainzer Behördenkennzeichen hat und nicht in Stadthagen zugelassen ist. Jedenfalls ergibt es sich so das aus dem Eichschein für die Messanlage ProViDa 2000, die in den Wagen eingebaut ist. Diesen Eichschein hat die Ordnungsbehörde in dem konkreten Verfahren geschickt, wozu sie ja auch verpflichtet ist.

Den Mandanten der Anwältin sollen die Messbeamten gesagt haben, sie hätten mehrere Kennzeichen, mit denen sie herumfahren. Die Richtigkeit der Schilderung unterstellt, frage ich mich wie der Kollege Detlef Burhoff, ob man als Verteidiger in einer Bußgeldsache daraus Gewinn schlagen kann. Allerdings fällt auch mir kein vielversprechender Ansatz ein, um die mögliche Nutzung eines “falschen” Kennzeichens bußgeldrechtlich zu thematisieren. Die Messung ist eine ganz normale Beweisermittlung, für die es keine festen Regeln gibt. Eine Täuschung im Sinne der Strafprozessordnung liegt jedenfalls nicht vor, da ja nicht direkt unlauter auf den Betroffenen eingewirkt wird.

Fragwürdiger ist, wie so eine Praxis eventuell mit der Zulassungs- und Kennzeichenpflicht für Kraftfahrzeuge zu vereinbaren ist. Auch versicherungsrechtlich muss so was natürlich gelöst werden Mit einem “falschen” Kennzeichen könnte ein Unfallgegner der Polizei ja möglicherweise kaum was anfangen. Es stellen sich also schon einige Fragen, die man mal der Polizei stellen könnte. Aber das wird die Anwältin sicher auch machen. In ihren beiden Fällen stehen bald die Verhandlungen an.

Krawattenpflicht

In letzter Zeit bin ich mutiert – zum Krawattenmuffel. Der Langbinder erscheint mir nicht nur unbequem, sondern schlichtweg überflüssig. Damit bin ich selbst in typischen “Business”-Kreisen nicht alleine, wie der Blick in eine beliebige Lufthansa-Maschine oder ein Erste-Klasse-Abteil der Bundesbahn belegt.

Die Krawatte ist nach meinem Empfinden schlicht ein Auslaufmodell. Deshalb nehme ich mir mitunter auch die Freiheit, selbst bei Gericht ohne Krawatte zu erscheinen. In all den Monaten seit meiner weitgehenden Abkehr von diesem Textilstück blieb das bislang ohne erkennbare Reaktion eines Gerichts. Ich habe an den unterschiedlichsten Orten der Republik verhandelt. Das geschah meist in angenehmer Atmosphäre, aber es ging durchaus auch heiß her. Dass ich  meinen Beitrag zum Verfahren jeweils krawattenlos lieferte, blieb unbeanstandet. Sogar in Bayern.

Heute habe ich mir aber doch eine Nachfrage eingehandelt, ob ich denn meine Krawatte vergessen hätte. Verbunden mit dem Hinweis, eine Krawatte sei “Brauch” beim betreffenden Gericht. Ein Anwalt könne, so ging es weiter, notfalls sogar von der Verhandlung ausgeschlossen werden, wenn er sich ohne Krawatte am Verfahren beteiligen möchte. 

Richtig, es gibt hin und wieder tatsächlich Streit um Anwälte ohne Krawatte. Das führt stets zu putzigen Gerichtsbeschlüssen, die dann in der NJW und auf allen Jurablogs genüsslich durchgekaut werden. Die Entscheidungen reichen von knallhart bis liberal. Aber immer, und darauf lege ich echt keinen Wert, wird der Streit auf dem Rücken der Mandanten ausgetragen. Mir liegt nichts ferner, als mich in so einer banalen Frage nach vorne zu spielen. Wenn das Gericht Wert auf Krawatte legt, habe ich damit auch kein Problem. Ich hab genau für diesen Zweck eine im Koffer, und ich werde sie halt nutzen.

Dass die Krawatte aber auch nur einen Hauch zur Rechtsfindung beiträgt, bezweifle ich allerdings. Wenn das Gericht das anders sieht und Schlimmes befürchtet, kann ich damit leben.

Private Bewegungsprofile

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die heimliche Überwachung von "Zielpersonen" mittels eines GPS-Empfängers grundsätzlich strafbar ist. Das gilt, wie im entschiedenen Fall, auch für Privatdetektive.

Nur in Ausnahmefällen, so die Richter, kann ein besonders starkes Interesse eine GPS-Überwachung von Fahrzeugen rechtfertigen. Als Beispiel nennt der Bundesgerichtshof in seiner aktuellen Pressemitteilung notwehrähnliche Situationen, wie sie etwa bei Erpressung oder Gefahr für Leib oder Leben vorliegen können.

Die angeklagten Detektive hatten verdeckt für verschiedene Auftraggeber Überwachungsaufträge ausgeführt, die zu Erkenntnissen über das Berufs- und/oder das Privatleben der Zielpersonen führen sollten. Die Motive der Auftraggeber waren unterschiedlich. Vorwiegend ging es um wirtschaftliche und private Interessen, etwa im Rahmen von Erbauseinandersetzungen.

Zur Erfüllung ihres Auftrags bedienten sich die Angeklagten in großem Umfang der GPS-Technik. Sie installierten unbemerkt einen GPS-Empfänger an den Fahrzeugen der Zielpersonen. Dadurch konnten sie feststellen, wann und wo sich das jeweilige Fahrzeug aufhielt. Auf diese Weise erstellten sie Bewegungsprofile der Zielpersonen.

Eine Strafbarkeit entfällt nach dem heute verkündeten Grundsatzurteil nur, wenn das Beobachtungsinteresse eindeutig vorrangig ist. Das Landgericht Mannheim hatte in der Vorinstanz die Auffassung vertreten, eine GPS-Überwachung durch Private verstoße ausnahmslos gegen das Bundesdatenschutzgesetz. In einigen Fällen muss jetzt neu geklärt werden, ob das Interesse der Auftraggeber an der Überwachung schwer genug wiegt. In anderen Fällen bestätigte der Bundesgerichtshof dagegen die Verurteilung (Urteil vom 4. Juni 2013, Aktenzeichen 1 StR 32/13).

Älterer Beitrag im law blog

Banale Informationen

Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland schwerer möglich als im Ausland. Deshalb gibt es Abtreibungstourismus. Diesem können deutsche Behörden seit jeher wenig entgegensetzen. Mitunter gelingt den Ermittlern aber doch ein “Fang”, auch wenn er bei näherer Betrachtung etwas hilflos wirkt.

So traf es vor einiger Zeit einen deutschen Arzt. Aber nicht, weil er ohne die notwendigen Rechtfertigungsgründe einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen hat. Im Gegenteil, der Mediziner beriet seine abtreibungswillige Patientin sachgerecht. Er riet ihr sogar dringend, die Schwangerschaft nicht abzubrechen und war auch nicht zu einer Abtreibung bereit. Als die Frau jedoch unbeirrt bei ihrer Auffassung blieb, soll der Arzt ihr einen Zettel mit der Adresse einer niederländischen Abtreibungsklinik gegeben haben.

Das Amtsgericht Wittmund und das Landgericht Aurich kamen zum Ergebnis, der Arzt habe sich nicht wegen Beihilfe zum Schwangerschaftsabbruch strafbar gemacht. Sie glaubten nämlich dem Arzt und seiner Patientin, wonach alle Informationen über die betreffende Klinik und ihr Angebot auch online verfügbar waren. Der Frau wäre es demnach problemlos möglich gewesen, sich selbst Informationen zu beschaffen (wenn sie es ohnehin nicht tat).

Der Arzt wurde zwei Mal freigesprochen. Nun bewertet das Oberlandesgericht Oldenburg, die dritte Instanz, die Sache völlig anders. Für die Richter spielt es keine Rolle, ob der Arzt der Patientin lediglich mit banalen, auch anderweitig zu beschaffenden Informationen half. Das Gericht zieht das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient heran. Dadurch bekämen solche Informationen ein stärkeres Gewicht und seien durchaus geeignet, den Entschluss der Patientin zu beeinflussen.

Keine Rolle spielt nach Auffassung des Oberlandesgerichts der Umstand, dass der Arzt seine Patientin ernsthaft ermutigt hatte, das Kind zu bekommen, diese aber schon fest zum Schwangerschaftsabbruch entschlossen war. Eine Beihilfe könne auch darin liegen, den bereits bestehenden Entschluss zu bestärken. Dazu sei die Übergabe des Zettels mit den Kontaktdaten der Klinik durchaus geeignet, unabhängig von der Frage, ob der Arzt den Entschluss seiner Patientin richtig findet.

Das Landgericht Aurich muss die Sache jetzt neu aufrollen und näher prüfen, was es mit dem Zettel auf sich hatte. Am Ende kann dann auch die Verurteilung des Arztes stehen, auch wenn er faktisch gar nichts gegen den geplanten Abbruch tun konnte. Das Vertrauensverhältnis zum eigenen Arzt wird durch solche Urteile jedenfalls nicht unbedingt entkrampft (Urteil vom 18. Februar 2013, Az.: 1 Ss 185/12).

Links 860

Der gewalttätige Staat ist der schwache Staat. In Frankfurt und in Istanbul.

Staatliche Gewaltparty

„Die Leute haben die Schnauze voll“

„To me, social media is the worst menace to society“

„Umfassende Sicherheitsvorsorge“ durch die Bundeswehr

Nur weil ein Land entsprechende Grundsätze in der Verfassung niedergelegt hat und kluge, vernünftige Gesetze einen stabilen Rahmen bilden, ist es noch lange kein Rechtsstaat

Dänemark: Vorratsdatenspeicherung hilft Fahndern nicht

Pflaster kauen kommt in Mode / Gericht legt Grenzwerte für Fentanyl fest

Ein Rudel Gegner

Der Kaputtmacher

Es besteht die schlichte Möglichkeit, dass der Herr keine Lust hat. Auf den Prozess gegen die “Alex-Schläger”, wie sie die Boulevardpresse getauft hat. Allerdings spricht eher etwas dafür, dass der Berliner Schöffe Siegfried K. schlicht den Schuss nicht gehört hat und von seinem Amt überfordert ist.

An seiner eigenen Ablösung arbeitet der Laienrichter jedenfalls unbeirrt. An sich soll er gegen die “Alex-Schläger” gemeinsam mit den anderen Richtern am Ende ein faires Urteil sprechen. Doch bis dahin will er offenbar nicht unbedingt den Mund halten – obwohl dies zweifellos für den Prozess förderlicher wäre.

Schon am Donnerstag platzte Siegfried K. bei einer Zeugenvernehmung der Kragen. Er blaffte einen Zeugen an:

Sind Sie zu feige, eine Aussage zu machen? Oder wollen Sie uns verarschen?

Das brachte ihm einen Befangenheitsantrag ein, der Aussicht auf Erfolg hat. Allerdings wird es, meine ich, gar nicht darauf ankommen. Zumindest wenn das stimmt, was die B.Z. heute über den 58-jährigen Leiter eines Jugendhauses berichtet.

Siegfried K. soll nämlich gegenüber den B.Z.-Reportern nachgelegt haben. Die Zeitung zitiert ihn mit folgendem Kommentar zum Befangenheitsantrag:

Am Montag werden die (Verteidiger) noch ein bisschen motzen. Die wollen halt den Prozess kaputt machen. Das haben die doch mehrmals schon so gemacht. Auch mit dem Befangenheitsantrag gegen die Anwälte der Opfer.

So eine Tirade kann nicht gutgehen. Selbst wenn er seinen ersten Ausbruch noch mit spontaner Verärgerung hätte rechtfertigen können, bei dieser Verbalattacke wird das dem Mann nicht mehr gelingen. Wer “Im Namen des Volkes” Recht spricht, sollte sich auch auf diese Aufgabe beschränken. Und nicht seinen fehlgeleiteten Unmut öffentlich herausposaunen. Spätestens jetzt nimmt man diesem Schöffen nicht mehr ab, dass er Angeklagten und Verteidigern unbefangen gegenübersteht.

Ich habe es vor einiger Zeit erlebt, dass ein Schöffe zu freigiebig war. Er stellte dem Staatsanwalt, der Tag für Tag in seiner Nähe saß, im Winter einen Schokonikolaus auf den Tisch. Das hat ihm sein Amt gekostet, aber zumindest nicht den Prozess zum Platzen gebracht. Es gab nämlich noch Ersatzschöffen.

Das ist im Berliner Verfahren anders. Bis der Prozess neu aufgerollt wird, können die Angeklagten sogar auf eine Haftentlassung hoffen.

Damit hätten nicht die Anwälte den Prozess erst mal kaputtgemacht. Sondern Siegfried K., und das ganz alleine.

Update: Das Verfahren wurde ausgesetzt.