Der Vorwurf klang heftig: Erzieherinnen in einem Wertheimer Kindergarten sollen aufmüpfigen Kindern die Münder mit Pflastern oder Klebestreifen zugeklebt haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelte – die Vorwürfe bestätigten sich weitgehend. Dennoch hat die Behörde nun das Verfahren eingestellt. Eine strafbare Körperverletzung, lassen die Staatsanwälte wissen, habe nicht vorgelegen.
Eine einzelne Beschwerde brachte die Ermittlungen ins Rollen. Am Ende stellte sich heraus, dass in Wertheim tatsächlich öfter Kindern die Münder zugeklebt wurden, und zwar auch von der Leiterin der Tagesstätte. Den Ermittlern sagten die Kinder allerdings nach Angaben der Staatsanwaltschaft, sie hätten sich an den Klebestreifen nicht gestört. Die Streifen seien außerdem leicht und vor allem schmerzfrei zu lösen gewesen, teilweise sogar von selbst abgefallen. Außerdem hätten sich die Kinder von der Maßnahme in “keinster Weise beeindruckt” gezeigt. Dass auch schwer lösbares Pflaster eingesetzt wurde, konnte nicht nachgewiesen werden.
Lediglich ein Kind habe eine leichte Atembeeinträchtigung geschildert. Aber auch in diesem Fall soll das Gericht das Verfahren einstellen, da es sich das “Erfolgsunrecht” am unteren Rand bewege. Die Kindergartenleiterin soll lediglich ein angemessenes Schmerzensgeld an das Kind zahlen.
Die Bewertung durch die Staatsanwälte orientiert sich am Gesetz. Zumindest vordergründig. Danach spricht man von einer Körperverletzung, wenn das körperliche Wohlbefinden nicht nur geringfügig beeinträchtigt wird. Es handelt sich deshalb um eine Wertungsfrage. Das Ergebnis scheint jedenfalls mir nicht sonderlich nachvollziehbar.
Zunächst wird man nicht annehmen können, dass die Kinder Spaß an der Disziplinierung hatten. Es handelt sich um eine entwürdigende Erziehungsmaßnahme, die gesetzlich verboten ist. Und zwar mit gutem Grund. Auch finde ich es merkwürdig, dass die Staatsamwaltschaft Mosbach darauf abstellt, die Kinder seien nicht beeindruckt gewesen. Das schließt natürlich nur vordergründig eine Körperverletzung aus.
Es wäre hochinteressant, wie die Kinder befragt worden sind. Für mich klingt das Ganze reichlich ergebnisorientiert. Dabei kann es sicher auch eine Rolle spielen, dass die Kinder weiter in die Betreuung gegangen sind.
Die Eltern haben nun die Möglichkeit, juristisch gegen die Verfahrenseinstellung vorzugehen. Vielleicht kann damit das etwas merkwürdige Signal abgemildert werden, welches die Entscheidung ausstrahlt.