Ich gebe zu, ich klage oft über Ermittlungsrichter. Deshalb heute ein Beispiel dafür, dass es auch anders geht. Zwar nur ein kleiner Fall, aber trotzdem wichtig für den Mandanten. Es geht um seinen Führerschein – und damit um die berufliche Existenz.
Die Polizei hatte den Verdacht, mein Mandant sei angetrunken Auto gefahren. Zuvor hatte zu später Stunde jemand einen kleinen Blechschaden gemeldet, an dem das Auto meines Mandanten beteiligt gewesen sein soll. Wie in solchen Fällen üblich, fuhren Beamte zur Wohnung meines Mandanten. Sie schauten sich den Wagen an, der in der Einfahrt stand. Sie stellten frische Kratzer fest.
Der Mandant war freundlich, aber nicht kooperativ. Auf das übliche Fragespielchen, wer das Auto genutzt hat, ob er selbst der Fahrer war und was er möglicherweise getrunken hat, ließ er sich nicht ein. Er erklärte gleich, dass er von seinem Recht Gebrauch macht, die Aussage zu verweigern. Daran hielt er sich auch.
Er weiß nicht mehr, ob die Beamten überhaupt auf die Idee kamen, seine (auf zwei Ebenen verteilte) Wohnung zu betreten. Sicher ist jedoch, dass er es ihnen untersagt hat, sofern sie es wollten. Jedenfalls kamen die Polizisten nicht über die Türschwelle hinaus.
Nachdem sie die Schweigsamkeit meines Mandanten akzeptierten, bestanden die Polizisten auf einer Blutprobe. Die fiel positiv aus. Das waren ausreichende Beweise für die Staatsanwaltschaft. Sie beantragte die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis.
Die Beweismittel waren allerdings mehr als dürftig. Das fiel auch dem Ermittlungsrichter auf. Er stellte fest, mein Mandant sei eben bis dato nicht hinreichend als Fahrer identifiziert. Der Zeuge konnte den mutmaßlichen Unfallfahrer nämlich nur sehr vage beschreiben. Kurz gesagt, es hätte jeder weiße Mitteleuropäer mit braunen Haaren im Alter von 20 bis 60 Jahren gewesen sein können.
Zu allem Überfluss hat mein Mandant auch noch blondes Haar. Gegen ihn sprach also nur der Umstand, dass er Halter des Autos ist und alkoholisiert zu Hause war. Das reicht aber nun mal nicht. Aus der Haltereigenschaft darf ohnehin nur auf den Fahrer geschlossen werden, wenn weitere belastbare Indizien vorliegen. Das hat das Bundesverfassungsgericht schon etliche Male klargestellt.
Da die Polizeibeamten ja noch nicht mal auf die Idee kamen, dass mein Mandant Besuch gehabt haben könnte, der vielleicht auch mit dem Auto unterwegs war, lagen solche Indizien aber nicht vor. Und frische Kratzer am Auto sagen auch nicht, wer Fahrer war.
Na ja, der Führerschein ist also nicht weg. Erst mal, denn möglicherweise erhebt die Staatsanwaltschaft noch eine Anklage und die Sache muss vor Gericht verhandelt werden.
Aber dann eben in Ruhe – und mit offenem Ausgang.