Die nordrhein-westfälischen Behörden dürfen mangelhafte Hygiene in Betrieben derzeit nicht online anprangern. Das Oberverwaltungsgericht Münster gab in letzter Instanz einer Bäckerei recht, die gegen ihre Nennung im Internet geklagt hatte.
Auf der Seite “Lebensmitteltransparenz.nrw.de” konnten Ämter aus ganz Nordrhein-Westfalen aktuelle Meldungen über schlechte Hygieneverhältnisse und die Überschreitung von Grenzwerten in Lebensmittelbetrieben, Gaststätten, Bäckereien und anderen Firmen veröffentlichen.
Die Städteregion Aachen hatte im Oktober 2012 in einer Bäckerei zahlreiche Hygienemängel festgestellt; im Kreis Mettmann ergaben sich im Dezember 2012 Verstöße gegen Hygienevorschriften in einer Gaststätte; ebenfalls im Oktober 2012 ermittelte der Märkische Kreis, dass in einem lebensmittelverarbeitenden Betrieb der zulässige Grenzwert für einen Lebensmittelzusatzstoff überschritten wurde.
Alle drei Firmen kriegten daraufhin die Information, dass die Öffentlichkeit auf dem Lebensmittelpranger über die Mängel informiert werde, und zwar unter Nennung der Firmendaten. Das sollte nach dem Willen der Ämter auch geschehen, obwohl die Firmen die meisten Mängel selbst abgestellt hatten.
Um dies zu verhindern, beantragten die drei Unternehmen bei den Verwaltungsgerichten einstweilige Anordnungen. Sie bekamen jeweils in der Sache recht. Jetzt entschied auch das Oberverwaltungsgericht Münster gegen die Behörden – und zwar in letzter Instanz.
Der Hygienpranger ist nach Auffassung der Richter so nicht zulässig. Er verletze die Rechte der Unternehmen auf informationelle Selbstbestimmung. Derzeit gebe es nämlich keine ausreichende Grundlage, um die Firmennamen online zu nennen.
Dabei halten die Richter die Idee des Prangers gar nicht für grundsätzlich unzulässig. Sie monieren im Kern lediglich, dass es keine verbindlichen Vorgaben für die Dauer der Veröffentlichung gibt. Nach einer angemessenen Frist müssten die Daten wieder gelöscht werden, um die Firmen nicht in ihrer Existenz zu gefährden.
Das NRW-Verbraucherministerium hat bereits erklärt, dass die Vorschriften nach Möglichkeit nachgebessert werden. Eine Mitschuld an der juristischen Niederlage gibt Nordrhein-Westfalen Bundesverbraucherministerin Aigner. Diese mache stets große Ankündigungen, die von ihr erlassenen Rahmenvorschriften seien aber oft mangelhaft.
Oberverwaltungsgericht Münster, Beschlüsse vom 24. April 2013, Aktenzeichen 13 B 192/12, 13 B 215/13, 13 B 238/13