Der Buchhandel, darüber ist wohl nicht zu diskutieren, erfährt in den letzten Jahren einen dramatischen Bedeutungsverlust.
Da ist zunächst das Internet, in dem sich Wissen leichter als jemals zuvor recherchieren lässt. Und zwar – jedenfalls bei Fachbüchern – mitunter auch gleich andere Quellen, die den gedruckten Inhalt ersetzen. Wikipedia ist nur das herausragende Beispiel.
Geht es wirklich nicht ohne Buch, ist es jedenfalls nicht mehr nötig, erst bei einer Fachkraft im stationären Handel vorzusprechen und darauf zu hoffen, dass sie in Geheimkatalogen genau das Richtige findet (was man dann regelmäßig erst nach dem Kauf prüfen kann). Die Verzeichnisse, in denen der Buchhändler nachschaut, sind längst ebenfalls online zugänglich.
Zudem bietet der Schwarm unzähliger Berufs- und Hobbyrezensenten im Internet selbst dem enzyklopädischen Wissen des hervorragend ausgebildeten Buchhändlers im Laden um die Ecke Paroli. Natürlich kann man heutzutage auch mal die Erfahrung machen, dass dass Personal sich wirklich gut mit der Spiegel-Bestseller-Liste auskennt. Jedenfalls mit den ersten zehn Plätzen. Was natürlich zumindest in den Fällen völlig reicht, wenn man auf die Schnelle ein Geburtstagsgeschenk benötigt.
Und dann ist da noch die wirtschaftliche Bedrohung durch die Online-Shops, vor allem Amazon. Dazu gehört auch die absehbare, allerdings selbst erarbeitete Dominanz von Amazon auf dem E-Book-Markt. Zweifellos alles sehr bedrohlich. Reden sollte man allerdings über die Art und Weise, mit der Teile des Buchhandels anscheinend in die Überlebensschlacht ziehen wollen.
Nun wurde bekannt, dass der Carlsen Verlag ein Buch seiner erfolgreichen “Conni”-Reihe ändert, weil es Gegenwind aus dem Buchhandel gibt. Im Band "Mein Leben, die Liebe und der ganze Rest” kriegt die Protagonistin von einer Freundin einen Amazon-Gutschein geschenkt, den sie online einlösen kann. Nach – offenbar nicht nur belanglosen – Protesten aus dem Buchhandel hat sich die Autorin nach Angaben ihres Verlages entschlossen, den Text in der nächsten Auflage zu ändern. Freiwillig, wie man betont. Conni kriegt in der Neuauflage nur noch einen “Geschenkgutschein”, von online oder gar Amazon ist nicht mehr die Rede.
Ich persönlich ging bisher davon aus, der Buchhandel beziehe sein Selbstverständnis zu einem guten Teil daraus, für Vielfalt und insbesondere Meinungsfreiheit zu stehen. Von einem g-u-t-e-n Buchhändler erwarte ich eigentlich, dass er mir alles besorgt, was nicht auf dem Index steht. Von ihm erwarte ich aber insbesondere nicht, dass er beleidigt Boykott ruft, wenn aus seiner subjektiven Sicht die Shoppingsitten der Jugend zu verderben drohen.
Neulich sollen Buchhändler sich übrigens auch mokiert haben, weil ein öffentlich-rechtliches Geldinstitut drei Amazon-Kindle verloste. Ich muss echt mal wieder in den Buchladen um die Ecke gehen und sondieren, wie schlimm die Lage wirklich ist. Vielleicht verkauft mir ein echter Freigeist ja doch noch ein Exemplar des absolut freiwillig und ohne jeden Druck zensierten “Conni”-Bandes, auch wenn ihn Buchhändler ab sofort kostenlos retournieren können. Vielleicht wird es ja mal wertvoll.
Bücher wegen ihres Inhalts einstampfen lassen. Liebe Buchhändler, ihr merkt es selbst.