Die Staatsanwaltschaft hat extra einen Gutachter beauftragt. Der Experte, immerhin ein Informatik-Professor, wertete die Hardware meines Mandanten aus. Er kam zu einem recht eindeutigen Ergebnis:
Auf den untersuchten Beweismitteln wurde weder Bild- noch Videodateien mit kinder- und jugendpornografischen Inhalten gefunden. … Es gibt keine konkreten Hinweise auf den Empfang und das zur Verfügung stellen von Bild- und Videodateien mit kinderpornografischen Inhalten.
Als “belastend” können höchstens folgende Umstände gewertet werden:
– Die IP-Adresse meines Mandanten soll bei einer Internetüberwachung aufgefallen sein. Allerdings konnte lediglich der wenige Sekunden dauernde Teilupload einer Datei über die IP-Adresse dokumentiert werden.
– Mein Mandant besitzt eine SD-Karte, die verschlüsselt ist und von der Polizei nicht gelesen werden kann.
Auch dem zuständigen Staatsanwalt und dem Gericht ist natürlich bekannt, dass die IP-Adresse also solche nichts darüber sagt, wer über den Anschluss online war. Die Möglichkeit, dass Mitbewohner, Besucher oder auch WLAN-Hacker den Upload gemacht haben, liegt ja auch nicht gerade fern.
Auch ein verschlüsselter Datenträger ist kein tragfähiges Indiz für eine Straftat. So lange nicht klar ist, was sich auf der SD-Karte befindet, kann jedenfalls nicht einfach so vermutet werden, es handele sich um strafbares Material.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschuldigte sein Passwort nicht verrät. Das ist sein gutes Recht.
Dennoch hat die Staatsanwaltschaft nun einen Strafbefehl beantragt. Der zuständige Amtsrichter hat ihn abgenickt. Das ist an sich nicht bemerkenswert. So was ist man als Strafverteidiger gewöhnt.
Interessant ist allerdings, dass es bei einer Geldstrafe bleiben soll, und zwar bei einer auffällig niedrigen. Das ist auf der einen Seite erfreulich, denn bei solchen Vorwürfen geht heute regelmäßig nichts mehr im Geldstrafenbereich. Wir reden da eher über Haftstrafen und streiten manchmal sogar, ob diese Strafen noch bewährungsfähig sein können.
Aber gerade deswegen erscheint mir der Strafbefehl fragwürdig. Es sieht so aus, als habe der Staatsanwaltschaft schon gesehen, dass er am Ende aller Voraussicht nach nichts beweisen kann. Statt jedoch das Verfahren einzustellen, macht er halt ein Angebot, das der Angeklagte womöglich nicht ablehnen kann.
Der Betroffene muss jetzt nämlich überlegen, ob er mit einem “blauen Auge” davon zieht – selbst wenn er in Wirklichkeit unschuldig ist. Ein Prozess kostet Zeit und auch eine Stange Geld. Vor allem wenn er durch die Instanzen geht.
Außerdem weiß natürlich niemand, ob es am Ende nicht noch schlimmer wird. Sollte es doch zu einer Verurteilung in einer Hauptverhandlung kommen, wäre der Richter vor allem nicht mehr an die Strafe gebunden, die er im Strafbefehl verhängt hat. Er kann, im Rahmen seiner Möglichkeiten, auch deutlich höher gehen. Außerdem wäre eine härtere Strafe auch im Führungszeugnis ersichtlich. Keine schöne Aussicht für jemanden, der sich demnächst auf Stellen bewerben will.
Keine einfache Situation für meinen Mandanten. Und ein Beispiel dafür, wie jemand womöglich am Ende als Straftäter da steht, obwohl er in Wirklichkeit unschuldig ist.