Uhland-Gymnasium

Heute erscheint im Klöpfer & Meyer-Verlag der zweite Roman meines Berliner Rechtsanwaltskollegen Lothar Müller-Güldemeister. Er heißt “Uhlandgymnasium” und erzählt, wie aus einem jugendlichen Straftäter ein von Skrupeln geplagter Rechtsanwalt wird, der auf der Suche nach der Vergangenheit erneut in tödliche Machenschaften verstrickt wird.

Aus der Ankündigung:

Ein Roman, der sich jeder Einordnung in die gängigen Genres und Klischees entzieht. Schülertragödie und Adoleszenzgeschichte, Gerichtsthriller, Krimi, Gesellschaftskritik, Heimatroman, Heldenreise: "Uhlandgymnasium" hat von allem etwas.

Aber nichts von Langeweile.

"Humanistischer" Primaner auf kriminellen Abwegen erst, dann Anwalt mit Skrupeln und Zweifeln. Zwei weit auseinanderliegende Tage im Leben des Konstantin Raffay. Zwei Tage, nach denen nichts mehr ist wie es war.

Zwei packend erzählte Kapitel Zeitgeschichte.Ein Julitag in den Sechzigerjahren. Ein nächtlicher Einbruch. Ein tödlicher Schuss auf den Wachhund. Das erste Mal , mit der Mutter eines Mitschülers. Die Generalprobe der Unterprima für die Aufführung von Sophokles "Aias". Der Plan für einen Bankraub. Der Verrat am besten Freund; das alles zusammen: Für lange Zeit der letzte Tag, den Konstantin, genannt Primus , Schüler am altehrwürdigen Tübinger Uhlandgymnasium, in Freiheit verbringt.

Neununddreißig Jahre später zwingt ein Millionenprozess am Tübinger Landgericht den Rechtsanwalt Konstantin Raffay, wieder in die Stadt zu kommen, die er nie mehr hatte betreten wollen – und aufs neue gerät er in ein tödliches Dilemma.

Damals war es seine Sucht nach Abenteuer gewesen, die ihn in den Abgrund gezogen hat. Jetzt ist es seine Sucht nach Gerechtigkeit, die droht, das Gleiche zu tun. Denn was damals passiert ist, ist noch nicht zu Ende, unerbittlich laufen die Schicksalsfäden der beiden Tage aufeinander zu.

Lothar Müller-Güldemeister hat drei Exemplare des Romans zur Verfügung gestellt, die ich hier im law blog verlosen darf. Wer das Buch gewinnen möchte, hinterlässt bitte bis zum 4. März einen Kommentar zu diesem Beitrag. Bitte eine gültige E-Mail-Adresse angeben, da die Gewinner per Mail benachrichtigt werden. Der Verlag wird den Glücklichen das Buch dann direkt übersenden.

Natürlich gibt es “Uhlandgymansium” auch im gut sortierten Buchhandel. Und bei Amazon.

Space Night vor der Rettung?

Gibt es doch noch Hoffnung für die beliebte Space Night im Bayerischen Fernsehen? Weil die GEMA-Gebühren zu sehr gestiegen sind, wollte der Sender das Programm mit imposanten Bildern aus der Weltraumfahrt eigentlich einstellen. Nun prüft der Bayerische Rundfunk ernsthaft einen Umstieg auf Musik, die unter CC-Lizenzen steht.

Zwar steht entgegen ersten Berichten noch nicht fest, dass der Bayerische Rundfunk sich tatsächlich traut, GEMA-pflichtiger Musik den Rücken zu kehren. Doch immerhin bestätigte eine Sprecherin heise online, der Sender erwäge ernsthaft diese Option. Danach würden erst alte Folgen der Space Night mit Musik unter CC-Lizenz neu vertont, in Kürze könnten auch neue Sendungen produziert werden.

Die Abkehr von der GEMA wäre ein wichtiges Signal. Nämlich, dass in Deutschland zumindest Nischenprogramme im Fernsehen möglich sind, bei denen die GEMA nicht die Hand aufhält.

Eine humorvolle Betrachtung des Themas liefert auch Markus Kompa.

Gericht wendet sich gegen Ungleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Partner

Das Bundesverfassungsgericht hat heute die Rechte eingetragener Lebenspartner gestärkt. Auch diese dürfen künftig das Kind ihrer Partner adoptieren, auch wenn es sich nicht um ein leibliches Kind handelt. Damit erlauben die Richter die sogenannte Sukzessivadoption. Bisher war es nur Eheleuten möglich, das nicht leibliche Kind ihres Partners zu adoptieren.

Unter anderen war eine Ärztin vor das Verfassungsgericht gezogen. Ihre Partnerin hatte 2004 ein Kind aus Bulgarien adoptiert. Doch der Wunsch der Ärztin,  nun ebenfalls formell als Mutter anerkannt zu weden, hatte vor den Gerichten keinen Erfolg.

Das Verfassungsgericht musste nun prüfen, ob die Ungleichbehandlung gegenüber Ehepaaren gerechtfertigt ist. Argument war im wesentlichen, dass nicht leibliche Kinder Gefahr laufen, im Falle einer Adoption in Familien “durchgereicht” zu werden. Für Ehepartner sahen die Gerichte diese Gefahr jedoch bislang nicht, da die eheliche Lebensgemeinschaft in der Regel gefestigt ist.

Eben das bejahen die Verfassungsrichter nun auch uneingeschränkt für gleichgeschlechtliche Lebenspartner. Kernaussage:

Es ist davon auszugehen, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe.

Folglich sieht das Gericht keinen Grund für eine Ungleichbehandlung. Das Gesetz zur eingetragenen Lebenspartnerschaft muss nun bis spätestens Ende nächsten Jahres geändert werden. Allerdings dürfen die Vorschriften für die Sukzessivadoption schon jetzt nicht mehr angewendet werden.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19. Februar 2013, Aktenzeichen 1 BvL 1/11 und BvR 3247/09

Diebe, die aus dem Nichts auftauchen

Die Warnung klingt fast zu gut, um nicht echt zu sein. Zumal sie – angeblich – aus der Feder der Kasseler Polizei stammt. Der alarmierende Text rauscht momentan durch die sozialen Netzwerke:

Achten Sie auf Zettel auf der Heckscheibe Ihres Autos. Dies ist die neue Methode für Kfz-Diebstahl (dies ist kein Witz!)

Sie gehen auf dem Parkplatz zu ihrem Auto, öffnen und steigen ein. Sie starten den Motor und legen den Rückwärtsgang ein. Wenn Sie beim Rückwärtsfahren durch Ihre Heckscheibe schauen, bemerken Sie ein Stück Papier in der Mitte der Heckscheibe. Sie halten an, steigen aus dem Auto um das Papier zu entfernen, da dies Ihre Sicht behindert.

Wenn Sie die Rückseite des  Autos erreichen, taucht der Autodieb aus dem Nichts auf. Er steigt ein und fährt los. Sie stehen da und er fährt mit hoher Geschwindigkeit davon.

Und wisst ihr was? Ich wette, Eure Brieftasche oder Geldbörse ist noch im Auto. So, jetzt hat der Autodieb Ihr Auto, Ihre Adresse, Ihr Geld, Ihre Schlüssel. Ihr Heim und Ihre Identität sind nun in den Händen der Diebe. Sie sind bestens organisiert, und viele Autofahrer gehen auf diese Weise in die Falle.

Wenn Sie einen Zettel auf der Rückseite Ihres Autos bemerken, versperren Sie Ihre Autotüren, starten Sie und fahren Sie weg. Den Zettel entfernen Sie  später.

In Straßburg soll die dreiste Masche ihren Anfang genommen und sich dann in Frankreich verbreitet haben. Nun soll die Verbrechenswelle auch nach Deutschland schwappen.

Dummerweise ist die Polizei keineswegs alarmiert. Denn bislang hat es, so auch Presseberichte, tatsächlich noch keinen einzigen bekannten Diebstahl auf diese Art und Weise gegeben. Woher der Text stammt, ist unbekannt. Der als Absender genannte Polizist war es jedenfalls nach eigenem Bekunden nicht.

Richter winken biometrischen Reisepass durch

Das Bundesverfassungsgericht möchte sich nicht näher mit dem biometrischen Reisepass befassen. Obwohl verfassungsrechtliche Bedenken auf der Hand liegen, wiesen die Richter nun Beschwerden der Schriftstellerin Juli Zeh und eines Rechtsanwalts aus formalen Gründen ab. Die Antragsteller, so das Gericht, hätten sich zu oberflächlich mit der Thematik befasst.

Schon seit 2005 wird im Reisepass ein Foto des Inhabers gespeichert, 2007 kamen Fingerabdrücke hinzu. Wer seitdem einen Reisepass haben möchte, muss sich mit dieser Praxis arrangieren. Viele Bürger haben das mittlerweile auch getan, aber die grundlegenden Zweifel bleiben. Datenschützer bezweifelten von Anfang an, dass die neuen Reisepässe mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar sind.

Auch das Bundesverfassungsgericht sieht die juristischen Probleme. Die Richter zählen in ihrem Abweisungsbeschluss sogar auf, was bisher weitgehend unbeantwortet im Raum steht. Kern ist natürlich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Immerhin werden alle Antragsteller nun so behandelt, wie man es bislang nur von Beschuldigten in Strafverfahren kennt.

Hinzu kommen erhebliche Bedenken zum Datenschutz. Elektronisch lesbare Dokumente können leichter “abgeschöpft” werden. Das gilt nicht nur für mögliche Hackerangriffe. Auch bei der Ein- und Ausreise in andere Länder oder bei Passkontrollen vor Ort ist oft nicht klar, welche Daten gegebenenfalls dort gespeichert werden. Überdies haben Gerichte auch erhebliche Zweifel daran geäußert, ob der biometrische Reisepass mit dem Europarecht vereinbar ist.

Eine ganze Latte von Problemen also. Das Bundesverfassungsgericht duckt sich jedoch davor weg. Stattdessen richtet sich an die Beschwerdeführer der Vorwurf, sich mit einzelnen Fragen nicht im ausreichenden Umfang beschäftigt zu haben. Fast bedauernd heißt es dann, die aufgeworfenen Fragen könnten deshalb nicht beantwortet werden.

Ich kenne die Beschwerdeschrift nicht. Es dürfte auch eher unwahrscheinlich sein, dass sich die Antragsteller auf bloße Floskeln beschränkt haben. Aber in jedem Fall ergibt sich ja schon aus dem Beschluss des Verfassungsgerichts selbst, dass die Problematik nachvollziehbar herausgearbeitet wurde.

Wenn sich ausgerechnet das höchste Gericht auf einen formalen Standpunkt zurückzieht, hinterlässt das einen bitteren Nachgeschmack. Immerhin fordern die Verfassungshüter ja immer wieder von anderen Gerichten, dass diese die formalen Hürden für ein Verfahren nicht zu hoch hängen. Das Verfassungsgericht hat schon hunderte Entscheidungen kassiert, in denen Gerichte den Eindruck erweckten, sie wählten den bequemen Weg, um sich nicht mit der Sache beschäftigen zu müssen.

Von daher ist es schon merkwürdig, dass offene Fragen, die uns alle betreffen, nun schlichtweg nicht höchstrichterlich beantwortet werden. Womöglich spielt es auch eine Rolle, dass sich die Richter einige Jahre Zeit für diesen an sich wichtigen Fall genommen haben (das Aktenzeichen stammt aus dem Jahr 2009). Mittlerweile ist der biometrische Reisepass schon hunderttausendfach ausgegeben worden. Vielleicht will man schon einfach deshalb nicht mehr dran rühren.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30. Dezember 2012, Aktenzeichen 1 BvR 502/09

Nachtrag: Link zur Verfassungsbeschwerde

Weiter keine Füllmenge auf Tintenpatronen

Wenn man einen Tintenstrahldrucker kauft, ist man erst mal erfreut. Über den Preis. Jedenfalls kriegt man bei Druckern überraschend viel Elektronik fürs Geld. Mit den Geräten selbst wollen die Hersteller aber auch kein Geld verdienen. Das sprudelt dann beim Kauf der Nachfüllpatronen. Die sind nämlich extrem teuer und gelten oft als Mogelpackungen. Jedenfalls enthalten viele Modelle nämlich erstaunlich kleine Tintenmengen.

Die Aufsichtsbehörden in Baden-Württemberg wollten jetzt durchsetzen, dass auf Druckerpatronen steht, wie viel Tinte sie enthalten. Nur so, meinte die Behörde, könne der Verbraucher das Preis- / Leistungsverhältnis vergleichen. Was für andere Fertigverpackungen längst gilt, stieß bei einem Patronenhersteller aber auf wenig Gegenliebe. Die Firma wehrte sich gegen die Ordnungsverfügung der Behörde – und bekam jetzt am Verwaltungsgericht Stuttgart recht.

Die Verwaltungsrichter sehen einen gravierenden Unterschied zwischen üblichen Fertigpackungen und Tintenpatronen. Die Tinte sei nur Inhaltsstoff eines technischen Geräts, nicht aber das verpackte Produkt selbst. Aus der Entscheidung:

Der Verbraucher will beim Kauf von Druckerpatronen nicht primär Tinte kaufen, sondern eben eine für seinen Drucker passende Druckerpatrone als (gebrauchs-)fertige Einheit. Mit der Tinte allein kann er – anders als im Falle von Nachfüllpackungen – nichts anfangen.

Praktisch bedeutet dies, dass auf Tintenpatronen auch künftig nur die Stückzahl der Patronen, nicht aber die Tintenfüllmenge angegeben werden muss. Der betroffene Hersteller machte im Prozess außerdem geltend, er schreibe auf jede Patrone, wie viele Seiten voraussichtlich mit einer Patrone gedruckt werden können. Aller diese Angabe ist bislang nur freiwillig.

Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 16. Januar 2013, Aktenzeichen 12 K 2568/12

Jens Ferner zum gleichen Thema

Tourismus: Reisezeiten-Roulette vor dem Aus

Touristikunternehmen dürfen künftig nicht mehr Roulette mit den Abreisezeiten spielen. Das Oberlandesgericht Celle untersagte jetzt Klauseln, die Reiseveranstaltern die nachträgliche Änderung von Reisezeiten erlauben – obwohl in den Buchungen bereits konkrete An- und Abflugzeiten genannt sind.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen setzte sich damit auch in zweiter Instanz durch. Die Verbraucherschützer hatten moniert, dass Kunden im schlimmsten Fall mit attraktiven Reisezeiten geködert, dann aber nachträglich auf unbequemere Slots umgebucht werden. So hätten Veranstalter auch die Möglichkeit gehabt, die freigewordenen attraktiven Abreisezeiten erneut zu verkaufen.

Gleichzeitig untersagte das Oberlandesgericht Klauseln, die Informationen über Flugzeiten im Reisebüro für “unverbindlich” erklären. Veranstalter hatten die Flugtermine oft einseitig geändert und sich darauf berufen, die ursprünglich genannten Termine seien nur vorläufig. Die Kunden waren aber im Unklaren darüber gelassen worden, dass es sich möglicherweise nur um unverbindliche Zeiten handelte.

Eine Änderungsklausel ist laut dem Oberlandesgericht nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig. Sachliche Gründe, wegen denen Reisen verschoben werden dürfen, müssten in den Klauseln verständlich aufgeführt werden.

Das Oberlandesgericht Celle spricht selbst von einer bahnbrechenden Entscheidung. Sprecher Dr. Götz Wettich:

Das Urteil wird die Reiseplanung der Fluggäste wesentlich erleichtern und die Reiseveranstalter künftig dazu anhalten, im harten Wettbewerb um begehrte Kunden mit verbindlichen und frühzeitig festgelegten Flugzeiten zu punkten.

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 07. Februar 2013, Aktenzeichen 11 U 82/12

Gericht entschärft den Like-Button

Das Landgericht Hamburg entschärft die Problematik um den Like-Button bei Facebook. Nach Auffassung der Richter ist es nicht wettbewerbswidrig, wenn ein Unternehmen die Teilnahme an einem Gewinnspiel davon abhängig macht, dass der Teilnehmer den Like-Button klickt. Ein Verbraucherverband hatte gegen die Praxis geklagt.

Nach Auffassung der Verbraucherschützer erweckt jeder Like den Eindruck, der Facebook-Nutzer identifiziere sich mit dem Produkt. Oder er habe es sogar schon genutzt und damit gute Erfahrungen gemacht. Deshalb sei so ein Gewinnspiel nicht mit verbotener Schleichwerbung zu vergleichen, etwa wenn Angestellte der Firma selbst Positives auf Facebook posten. Oder wenn Likes oder gar Fans regelrecht gekauft werden.

Diese Ansicht teilen die Hamburger Richter nicht. Für sie ist der Like-Button nicht mit einer sonderlich positiven Aussage verbunden:

Dem Netzwerk bleibt vielmehr das Motiv und die Hintergründe der Gefallensäußerung durch den “Gefällt mir”-Button in Ermangelung weiterer Angaben des Nutzers unbekannt… denn davon lebt der Netzwerkgedanke: Man tut, sagt und „postet“ etwas, und die anderen erfahren es. Und die anderen, mithin seine (Netzwerk-)Kontakte können dann wiederum mitteilen, dass ihnen dies „gefällt“. Dabei unterscheidet weder die Plattform selbst, noch ihre Nutzer zwischen Wichtigem und Unwichtigem.

Ein Like bei Facebook ist also im weitesten Sinne neutral. Er stellt keine Parteinahme dar, die sich ein Unternehmen durch eine Klick-Pflicht bei einem Gewinnspiel erschleichen kann. Die Richter am Landgericht Hamburg scheinen selbst gefragt zu haben, wie sie mit dem Like- Button umgehen. Im Urteil heißt es nämlich:

Dieses Verkehrsverständnis können die Mitglieder der Kammer aus eigener Sachkunde beurteilen, da sie ebenfalls zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören.

Für Facebook-Nutzer, die gerne Gewinnspiele machen, brechen nun wahrscheinlich schöne Zeiten an. Denn kaum eine Firma wird es sich entgehen lassen, die Zahl ihrer Likes auf diesem Weg zu erhöhen. Gleichzeitig brauchen sich Facebook-Nutzer keine übertriebenen Gedanken mehr zu machen, ob ihnen ein unbedachtes Like vielleicht mal als Parteinahme für jemanden angelastet wird.

Insoweit könnte das Urteil sogar wichtig für neun Feuerwehrleute in Düsseldorf werden. Die Männer waren vorübergehend vom Dienst suspendiert worden, weil sie einen fragwürdigen Textbeitrag eines Kollegen geliked hatten. Disziplinarverfahren laufen noch.

Landgericht Hamburg, Urteil vom 10. Februar 2013, Aktenzeichen 327 O 438/11

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Adressbuchverlage: Anwalt kehrt den Spieß um

Ob Bäcker oder Frisör, ob Arzt, Architekt oder Änderungsschneider – kaum ein Beruf wird verschont von den zigtausend verschickten Angeboten mit eingebauter Geldfalle. Die Schreiben verheißen die Aufnahme in irgendein Gewerberegister oder Branchenverzeichnis; auf den ersten Blick wird nur um Bestätigung der vorgedruckten Daten gebeten. Wer so was unterschreibt, hat meist das Kleingedruckte übersehen. Und bekommt später prompt die Rechnung über hunderte Euro ins Haus.

Die Düsseldorfer GWE-Witschaftsinformations GmbH ist so ein Unternehmen, vor dem Verbraucherschützer und Juristen warnen. Von „rechtswidrigen Angeboten“ ist die Rede auch im Internet, von „arglistigen Täuschungen“. Doch inzwischen ist die GWE, wie berichtet, offenbar an den Falschen geraten. Der Dortmunder Rechtsanwalt Mirko Möller hat den Spieß umgedreht: „Gegen diese Gemeinheiten will ich Zeichen setzen“, sagt er. Das scheint publikumswirksam gelungen zu sein – allerdings ohne die Billigung des Amtsgerichts Düsseldorf.

In der Anwaltskanzlei Schlüter Graf & Partner kam Möller ein dubioses Angebot der GWE in die Hand. Die bot einen Eintrag der Kanzlei im Internetportal „Gewerbeauskunft-Zentrale.de“ an. Und verlangte dafür im Kleingedruckten 569,05 Euro. „Das Angebot erschien uns unangemessen“, so Anwalt Möller. Das Register der GWE sei „völlig wertlos“ und bringe nur der Düsseldorfer Gesellschaft einen Nutzen. Sein Geistesblitz: „Wir erlauben der GWE die Veröffentlichung unserer Daten und berechnen dann unsere Zustimmung zur Veröffentlichung.” Gesagt, getan.

Weil aber die GWE die Rechnung der Anwaltskanzlei über eben genau 569,05 Euro nicht zahlte, reichte Jurist Möller beim Amtsgericht Düsseldorfer die Klage ein. Darin bezichtigt er das Unternehmen, es habe „den größten Teil“ seiner „nicht unerheblichen Einnahmen“ durch „Erschleichen von Insertionsaufträgen“ erzielt. Es gebe dazu „unzählige Warnungen“. Das Düsseldorfer Amtsgericht „möge sich selbst davon ein Bild machen“.

Die nordrhein-westfälische Verbraucherzentrale hat dieses Bild längst: „Uns liegen zahlreiche Beschwerden über die Gewerbeauskunft-Zentrale vor, weil sich Handwerker oder Anwälte von der rechnungsähnlichen Aufmachung der Anschreiben getäuscht fühlen“, berichtet Vorstand Klaus Müller. Er rät bei einem vergleichbaren Angebot „dringend zu einer gründlichen Prüfung“. Die GWE mit ihrer Gewerbeauskunft-Zentrale schweigt.

Mit der Klage konfrontiert, verweigert das Unternehmen eine angebotene Stellungnahme. Allerdings hat die GWE, immerhin, der Dortmunder Anwaltskanzlei nach deren Auskunft eine „Gutschrift“ geschickt. Und damit auf ihre einstige Forderung verzichtet. Wörtlich heißt es: „Die o.a. Rechnung ist somit hinfällig!“ Die Forderung von Anwalt Möller allerdings auch.

Das Amtsgericht wies kürzlich seine Klage ab (Aktenzeichen 54 C 5800/12). Das anwaltliche Angebot sei zwar eingegangen, aber ein Vertrag nicht zustande gekommen. Zwar habe die GWE die Daten der Kanzlei veröffentlicht, darin sei aber „keine schlüssige Annahme“ des  Angebots von Möller zu sehen, seine Daten nur gegen Gebühr zu verwenden. (pbd)

Gericht stoppt Lebensmittelpranger in NRW

Die Lebensmittelaufsicht im Raum Aachen darf Betriebe vorerst nicht an einem Pranger im Internet bloßstellen. Eine Bäckerei hat vor Gericht die Pläne der Städteregion Aachen stoppen können, sie wegen Verstößen gegen Lebensmittel- und Hygienevorschriften öffentlich zu nennen.

Im Oktober 2012 hatten Prüfer der Städteregion Aachen in einer Bäckerei erhebliche Mängel festgestellt. Das Unternehmen betreibt im Raum Aachen mehrere Backfilialen. Wenn ihr Name im Internet veröffentlicht werde, sie die Existenz des Betriebs bedroht, argumentierte die Firma.

Die Richter am Verwaltungsgericht Aachen gaben dem Backbetrieb vorläufig recht. Die Daten sollten eigentlich auf der landeseigenen Seite  lebensmitteltransparenz-nrw.de veröffentlicht werden. Dort können Aufsichtsämter ihre Ergebnisse einstellen, müssen es aber nicht.

Die Richter betonen, dass die Veröffentlichung erhebliche wirtschaftliche Schäden mit sich bringe. Ob das noch verhältnismäßig sei, müsse erst in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden. Vorläufig überwiegen nach Auffassung des Verwaltungsgerichts die Interessen der Firma vor dem Aufklärungsinteresse der Bürger.

Auch wenn die Bäckerei nicht bekannt wird, drohen laut dem Verwaltungsgericht keine unmittelbaren Nachteile, wenn die Daten nicht online gestellt werden. Dem Amt stehe es ja frei, regelmäßig in den Betrieb zu kontrollieren und neue Verstöße mit Bußgeldern zu ahnden. Schon dadurch würden Gefahren für die Gesundheit wirksam vermieden. Die Bäckerei hatte außerdem versichert, die Mängel seien abgestellt.

Grundsätzlich bezweifelt das Verwaltungsgericht Aachen, dass die gesetzliche Grundlage für solche Warnhinweise im Internet ausreichend ist. Die in NRW geltenden Vorschriften seien möglicherweise nicht mit EU-Recht und dem deutschen Verfassungsrecht vereinbar. Bis das Gericht dies geprüft hat, darf also nur gerätselt werden, um welche Bäckerei es geht.

Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 4. Februar 2013, Aktenzeichen 7 L 569/12