Das Reißverschlussverfahren gilt im Straßenverkehr nur, wenn eine Spur für eine gewisse Strecke offiziell geschlossen wird. Aber nicht, wenn die Spur nur durch ein zufälliges Hindernis blockiert wird. Das stellt das Amtsgericht München in einem Urteil klar.
Anfang September 2011 fuhr eine Autofahrerin mit ihrem VW Cabrio auf der Widenmayerstraße in München auf der linken der zwei Fahrbahnen. Ein Möbelwagen, der in der Straße auf eben dieser Spur parkte, zwang sie zum Halten.
Als sie auf die rechte Spur wechselte, kam es zu einem Zusammenstoß mit der Fahrerin eines Fiat Puntos. Kotflügel, Stoßfänger und das Rad rechts vorne des Cabrios wurden dabei beschädigt. Die Reparaturkosten in Höhe von 1.633 Euro, die Kosten für das Sachverständigengutachten in Höhe von 370 Euro sowie Nutzungsausfall für zwei Tage in Höhe von 68 Euro wollte die Cabriobesitzerin von der Fahrerin des Fiat Punto ersetzt bekommen.
Diese und ihre Versicherung weigerten sich zu zahlen. Schließlich habe die Fahrerin des Cabrios nicht aufgepasst. Im Gegenteil, so entgegnete diese, die andere Fahrerin sei rücksichtslos und extrem unaufmerksam gewesen.
Die Besitzerin des VW Cabrios erhob Klage vor dem Amtsgericht München. Dieses wies die Klage jedoch ab.
Der Unfall beruhe auf einem Spurwechsel der Klägerin. Bei einem Spurwechsel obliege es nach der Straßenverkehrsordnung dem wechselnden Autofahrer, eine Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Gegebenfalls müsse er anhalten oder vom Wechsel Abstand nehmen.
Die Beklagte sei insbesondere nicht verpflichtet gewesen, den Spurwechsel zu ermöglichen. Das Reißverschlussprinzip gelte nur beim Wegfall einer Spur, nicht wenn die Weiterfahrt auf einer noch vorhandenen Spur blockiert sei.
Amtsgericht München, Urteil vom 7. März 2012, Aktenzeichen 334 C 28675/11