Die ACAB-Rechtsprechung ist um eine Facette reicher. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hob eine Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe auf, nach dem ein in einem Stadion gezeigtes ACAB-Transparent Polizisten nicht beleidigt. Die Sache muss jetzt neu verhandelt werden .
Der Fußballfan hatte ein ACAB-Plakat im Stadion gezeigt. Zu seiner Verteidigung trug er vor, er habe im Stadion auch gegen die harten Polizeieinsätze rund um Stuttgart 21 demonstrieren wollen. Das akzeptierte das Landgericht und wies überdies darauf hin, der Slogan “All Cops are Bastards” richte sich auch nur gegen die Polizei insgesamt. Kollektive können aber normalerweise nicht beleidigt werden; das hat das Bundesverfassungsgericht beispielsweise anhand des Spruchs “Soldaten sind Mörder” entschieden.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe meint dagegen, es hätte noch genauer geprüft werden müssen, ob sich die Polizisten im Stadion nicht doch durch das Transparent beleidigt fühlen durften. Außerdem sieht das Gericht einen Unterschied zu Slogans wie “Polizisten sind Schläger” oder “Polizisten sind Wegelagerer”. Interessanterweise stellen die Richter darauf ab, dass der Formulierung “Bastards” im Gegensatz zu diesen Äußerungen jeder Sachbezug fehle.
Das ist dann doch schon eine bemerkenswerte Argumentation. Konkretes Fehlverhalten dürfte also pauschal gegen die Polizei vorgebracht werden, eine pauschale Wertung der Persönlichkeit im Sinne von Mistkerl oder Schweinehund (so die ja naheliegendste Übersetzung aus dem Englischen) ist dann doch wieder beleidigend. Dann müsste eigentlich auch “Bulle” stets beleidigen – das sehen aber etliche Gerichte anders.
Letztlich ist das Gezerre um ACAB Ergebnis nseres übertriebenen Ehrenschutzes. Es wäre wirklich an der Zeit, dass nicht jeder Pups gleich als Beleidigung gewertet werden kann. Und zwar im Falle von jedermann. Dann hätten auch die Gerichte mehr Zeit, sich in angemessener Zeit um wirklich wichtige Fälle zu kümmern.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 19. Juli 2012, Aktenzeichen 1 (8) Ss 64/12- AK 40/12