Sehr geehrter Herr Dr. Hanke

Inspiriert von dieser Vorlage, habe ich heute folgende Mail an den Berliner Bezirksbürgermeister Dr. Christian Hanke geschrieben:

christian.hanke@ba-mitte.verwalt-berlin.de

Sehr geehrter Herr Dr. Hanke,

die Berliner Polizei hat den hungerstreikenden Asylbewerbern am Pariser Platz in Berlin Tag heute Decken, Schlafsäcke und Isomatten weggenommen. Den Versammelten wird es untersagt, sich durch andere Dinge als Kleidung vor der Kälte zu schützen. Wer nicht mehr stehen will oder kann, muss sich auf den nackten Aspalt setzen oder legen.

Sie als Bezirksbürgermeister sind nach meinen Informationen der politische Verantwortliche für dieses Vorgehen der Polizei. Denn diese “vollstreckt” nach eigenen Angaben lediglich die Auflagen aus den versammlungs- und ordnungsrechtlichen Bescheiden der Stadtverwaltung.

Die Proteste am Pariser Platz verlaufen seit Tagen gewaltlos. Bei den Protestierenden handelt es sich um Menschen, die auf der Suche nach einem besseren Leben in unser Land gekommen sind. Erst am 27. Juni hat die Bundestagsfraktion Ihrer Partei bessere Bedingungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber gefordert, nun wird deren friedlicher Protest auf inhumane Art und Weise gegängelt. 

Ihrem Lebenslauf entnehme ich, dass Sie im Fach Philosophie promoviert haben. Haben Sie sich Gedanken gemacht, ob nicht eben dieser Polizeieinsatz moralisch verwerflich sein könnte und die Bundesrepublik aufs Tiefste beschämen wird, sobald mehr Menschen auf die Vorfälle blicken – auch im Ausland?

Es handelt sich bei den Versammelten um die Ärmsten der Armen, die dort in der Kälte ausharren, um auf ihre Lebenssituation hinzuweisen. Das ist ein Appell an die Menschlichkeit und gleichzeitig eine legitime Meinungsäußerung. So einer Meinungsäußerung ist, so lange sie friedlich bleibt, doch am besten mit Toleranz, Interesse und Mitgefühl zu begegnen. Aber nicht mit kleingeistiger Anwendung des Versammlungsrechts und einer krassen Missachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

Ich möchte Sie hiermit bitten, innezuhalten und nachzudenken, ob nicht ein angemessener Umgang mit den Hungerstreikenden möglich wäre. Ob nicht ein offenes Ohr das bessere Signal an die Asylbewerber wäre. Selbst wenn Sie diesen Menschen aber nicht zuhören wollen, sollten Sie ihr Recht auf Meinungsäußerung respektieren und zumindest keine Polizeiaktionen anweisen, welche nach meiner Überzeugung die Menschenwürde verletzen.  

Falls Sie in der Berliner Stadtverwaltung nicht für die Angelegenheit zuständig sein sollten, leiten Sie diese Mail bitte an die richtige Stelle weiter.

Ich bitte um eine Antwort.

 

Mit freundlichen Grüßen

Udo Vetter