Die Grenze des guten Geschmacks wurden in der Urheberrechtsdebatte schon mehrfach ausgetestet. Von allen beteiligten Seiten. Den eindeutigen Tiefpunkt markiert allerdings ein Plakat des Syndikats, einer Vereinigung von 600 deutschsprachigen Krimiautoren.
Auf dem Poster (PDF), das der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift “Politik und Kultur” des Deutschen Kulturrates beiliegt, weidet ein “Mediziner” mit Guy-Fawkes-Maske menschliche Körper aus. Etliche Leichen liegen offenbar noch als Vorrat auf Halde. Die Botschaft kommt mit einem knalligen Slogan aus:
KULTURFLEDDERER – Ja zum Urheberrecht
Ungeklärt bleibt, was es mit den Toten auf sich hat. Symbolisieren sie etwa die deutsche Kultur insgesamt? Oder nur den Aggregatzustand des deutschen Krimis? Sicher, Leichenfledderei ist unschön. Aber hey, es wird am Ende doch nur bereits Abgestorbenes recycelt. Alles halb so wild, möchte man sagen.
Entgegen der Intention verrät das Plakat womöglich also mehr über seine Urheber als über jene, die angeblich gewissenlos hehres Kulturgut fleddern. Letztlich gilt aber auf jeden Fall: Wer seine Botschaft (die Macher nennen das Plakat vorsichtshalber schon mal “provokant”) in offenkundig unlogische Bildersprache verpackt, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Und der wird nicht lange auf sich warten lassen.
Jedenfalls ist die GVU jetzt schon mal vollständig rehabilitiert. Nach langen Jahren toppt mit dem “Syndikat” doch noch jemand den Slogan “Raubkopierer sind Verbrecher” und erbringt den Beweis: Blöder geht immer.
Das Plakat kommt auch noch zur Unzeit. So hatten sich jüngst die Fronten etwas aufeinander zubewegt. Es gab runde Tische, Podiumsdiskussionen und sogar Fernsehrunden, in denen sich die Akteure um Sachlichkeit und damit Annäherung in Sachen Urheberrecht bemühten. Mit so einem plumpen Auftritt wird natürlich wieder viel Porzellan zerschlagen.
Wenn es auf diesem Niveau weiter geht, ist am Ende vielleicht wirklich jemand tot. Ein heißer Kandidat scheint mir das “geistige Eigentum”. Abgemurkst vom Wähler und Gelegenheits-Filesharer, der sich als trotz seiner Schwächen ungern als Monster diffamieren lässt.