Das Amtsgericht Waiblingen hat einen 48-Jährigen wegen vorsätzlicher Körperverletzung wegen des Einsatzes von Pfefferspray verurteilt. Eine alltägliche Geschichte, aber mit einem besonderen Dreh. Das Pfefferspray hatte nämlich nicht der Betroffene verwendet, sondern Polizisten, die den Mann zur Räson bringen wollten.
Der 48-Jährige hatte sich aus einer Suchtklinik abgesetzt. Dort war er wegen eines Alkoholrückfalls eingeliefert worden. Pfleger befürchteten, er könne sich selbst oder anderen was antun. Unbegründet war die Sorge nicht; der Mann lief mit einer Axt und später mit einem Stein durch Winnenden.
Die herbeigerufene Polizei soll ihn mehrfache aufgefordert haben, seine “Waffen” abzulegen. Sonst werde Pfefferspray gesprüht. Da sich der Mann weigerte, passierte genau das. Durch die Schwaden erlitten Umstehende die üblichen Augenreizungen.
Der Staatsanwalt kam auf die Idee, den 48-Jährigen neben anderer Delikte auch wegen des Pfeffersprays anzuklagen. Juristisch spricht man in diesem Fall von “mittelbarer Täterschaft”; die Beamten gelten als “Werkzeuge” des eigentlichen Täters. Das ist jedenfalls ein origineller Kniff, der allerdings nicht ganz unbekannt ist. Polizeibeamte haben auch schon geklagt, weil sie bei der Verfolgung eines Verdächtigen Treppen runtergefallen sind oder Autounfälle hatten. Ohne die Flucht, so ihre Argumentation, wäre der Unfall ja nicht passiert.
Allerdings handelte es sich in diesen Fällen eher um die Frage des (zivilrechtlichen) Schadensersatzes. Hier wird jemand dafür bestraft, obwohl die Wahl der Mittel natürlich letztlich immer im Ermessen der Polizisten verbleibt.
Sofern die Idee auch anderswo aufgegriffen wird, ist das Konzept natürlich ausbaubar. Zum Beispiel bei Demonstrationen, wo es ja immer mal wieder zur Verletzung Unbeteiligter kommt. Aber dann wird die juristische Gegenwehr wohl auch heftiger sein als in Winnenden. Der Betroffene kam nämlich insgesamt noch recht günstig davon.