Eine verdammte Notwendigkeit

Die Polizei hat heute das Occupy-Camp in Düsseldorf geräumt. Die Räumung blieb friedlich, weil sich beide Seiten redlich darum bemühten. Die Polizei war ohnehin nur ausführendes Organ. Die Stadt Düsseldorf hat auf Räumung bestanden.

Interessant finde ich die Begründung, warum Occupy in Düsseldorf den Platz in Sichtweite der Börse und der Bundesbank räumen musste. Die Ordnungsverfügung argumentiert vorwiegend bauaufsichtsrechtlich. Sie steht damit quasi in Frankfurter Tradition. Dort hatten die Behörden die Auflösung des Camps unter Hinweis auf ihre Grünflächensatzung gefordert.

“Rasen betreten verboten.” Auch wenn formell alles wahrscheinlich superkorrekt ist, halte ich es schon für bemerkenswert, welche Antwort hier auf vorwiegend junge und friedliche Menschen gegeben wird, die ihre Sorgen öffentlich ausdrücken. Auch wenn ihre Wortwahl mitunter forsch erscheinen mag, ist die geäußerte Kritik am Wirtschafts- und insbesondere dem Bankensystem alles andere als Esoterik. Dass es jedenfalls so nicht weitergehen kann, hören wir mittlerweile in jedem zweiten Tagesthemen-Kommentar.

Die Occupy-Leute können also schon mal nicht einfach als Spinner abgetan werden. Ich habe in Düsseldorf auch nichts davon gehört, dass jemand sich über sie beschwert hätte. Mit Ausnahme der Banker und Broker in der Nachbarschaft.

Aber selbst wenn wir es mit Durchgeknallten im klassischen Sinn zu tun hätten – reichen nicht schon 10 Prozent Nachvollziehbarkeit bei einem Anliegen, es ernst zu nehmen? Und mal darüber nachzudenken, ob das Demonstrationsrecht und die Meinungsfreiheit es mit etwas gutem Willen vielleicht möglich machen könnten, nicht die Bauordnung des Landes NRW und die allgemeine Gefahrenabwehrklausel in Stellung zu bringen. Weil es möglicherweise eine verdammte Notwendigkeit ist, dass die Dinge, die bei uns (und in Europa und in der Welt) schwelen, auch öffentlich wahrnehmbar thematisiert werden. 

Auf den Punkt bringt es ein Bild von der heutigen Räumung. Behelmte Polizisten tragen einen Demonstranten aus dem Camp, der ein Schild im Mund hält. Aufschrift “Free Pussy Riot”.

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Quelle

Ich kann über die Ironie zwar lachen, aber nur trocken.