Ein Bewerber für den Polizeidienst darf nicht vom Auswahlverfahren ausgeschlossen werden, weil er an beiden Armen vom Schulterbereich bis zu den Unterarmen tätowiert ist. Dies hat das Verwaltungsgericht Aachen heute entschieden.
Das Landesamt für die Polizeiausbildung in Selm hatte den Bewerber abgewiesen.Die Behörde stellte sich auf den Standpunkt, deutlich sichtbare Tätowierungen seien mit der Neutralität eines Polizeibeamten nicht in Einklang zu bringen. Nach einem Erlass des Innenministeriums aus dem Jahre 1995 stellten Tätowierungen, die beim Tragen der Sommeruniform zu sehen seien, einen Eignungsmangel dar.
Das Verwaltungsgericht Aachen meint, dem Antragsteller dürfe nicht bereits die Gelegenheit genommen werden, das Testverfahren für die am 1. September 2012 beginnende Polizeiausbildung zu durchlaufen. Die ablehnende Entscheidung des Landesamtes mache nicht deutlich, welche konkreten Eignungsmängel dem Antragsteller vorgehalten würden.
Die Vorgaben eines 17 Jahre alten Erlasses dürften angesichts des gesellschaftlichen Wandels nicht ohne nähere Prüfung eine mangelnde Eignung begründen können. Ob in großflächigen Tätowierungen im sichtbaren Hautbereich tatsächlich eine "überzogene Individualität" zum Ausdruck komme, wie das Landesamt angenommen habe, müsse in einem Hauptsacheverfahren näher untersucht werden.
Ob der Antragsteller tatsächlich die Voraussetzungen für die spätere Übernahme in den Polizeidienst erfülle, kann nun im Auswahlverfahren festgestellt werden. Das Land hat die Möglichkeit, gegen den Beschluss Beschwerde einzulegen.
Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 31. Juli 2012, Aktenzeichen 1 L 277/12