140 Zeichen darf eine Nachricht auf Twitter höchstens haben. Das zwingt zur Zuspitzung – und kann dementsprechend Ärger geben. Ganz massiv traf es den Briten Paul Chambers. Er wurde wegen eines angeblich bedrohlichen Tweets, in dem er scherzhaft einen Anschlag auf einen Flughafen ankündigte, zu einer Geldstrafe verurteilt. Erst vor dem höchsten englischen Gericht wurde Chambers nun freigesprochen.
Fast drei Jahre dauerten die Verfahren wegen der fragwürdigen Äußerung. Chambers war im Januar 2010 zum Flughafen Doncaster gereist. Doch der war wegen Schneefalls geschlossen. Chambers twitterte sich seinen Frust von der Seele:
Crap! Robin Hood airport is closed. You’ve got a week and a bit to get your shit together otherwise I’m blowing the airport sky high!!
Etwa eine Woche später entdeckten Flughafenmitarbeiter den Tweet, empfanden ihn aber nicht als unmittelbar bedrohlich. Gleichwohl informierten sie die Polizei. Die Antiterroreinheit nahm Chambers fest, durchsuchte seine Wohnung und beschlagnahmte seine gesamte Hardware.
Das lokale Gericht verurteilte Chambers wegen einer “bedrohlichen Nachricht” zu einer Geldstrafe von 385 Pfund. Chambers verlor daraufhin seine Arbeit. Auch die Berufungsinstanzen verstanden keinen Spaß mit dem Angeklagten und bestätigten die Entscheidung.
Anders sahen es jetzt die Richter am High Court. Für sie war der Tweet eindeutig als Scherz zu verstehen. Die Richter verwiesen insbesondere darauf, dass das Flughafenpersonal die Äußerung selbst zutreffend als Scherz einordnete. Es sei widersprüchlich, eine Äußerung als “bedrohlich” im Sinne des Gesetzes einzustufen, wenn selbst die möglichen Adressaten sie nicht ernst nähmen.
Chambers und seine Anwälte hoffen jetzt, dass die Behörden in England nicht mehr so leicht harmlose Äußerungen mit Antiterror-Gesetzen “bekämpfen” können. Chambers Verteidiger brachte es auf den Punkt:
Now people can have a joke even if it’s a bad joke … this case should never have been prosecuted…
Auch andere Länder reagieren allergisch auf missverständliche Tweets. So musste ein britisches Pärchen eine Nacht im US-Gefängnis verbringen, bevor es nach England zurückgeschickt wurde. Der Mann hatte seine Urlaubsvorfreude ausgedrückt, indem er twitterte:
Free this week, for quick gossip/prep before I go and destroy America.
Die US-Behörden ließen sich auch nicht durch den Hinweis beeindrucken, dass “to destroy” umgangssprachlich verschärftes Partymachen bedeutet. Was sie auch daran hätten erkennen können, dass die Reisenden auch getwittert hatten, sie würden Hollywood unsicher machen und Marilyn Monroe ausgraben.
Doch Häme gegenüber den Sitten und Gebräuchen anderer ist nicht angebracht. Auch in Deutschland können missverständliche Tweets oder Facebookeinträge verfolgt werden. Bei uns heißt das Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten. Gerade Jugendliche sind in den letzten Jahren bestraft worden, wenn sie missverständlich über mögliche Amokläufe an ihren Schulen schrieben.