Bei Tempokontrollen fühlen sich mutmaßliche Temposünder oft ein wenig ausgeliefert. Bei Kontrollen mit dem Lasergerät werden üblicherweise keine Messfotos gemacht. Auch eine Pflicht, dem Betroffenen an Ort und Stelle die Tempoanzeige des Geräts zu zeigen, gibt es nicht. Es gilt das Wort der Beamten.
Bei Lasern und anderen Messmethoden ist oft auch nur schwer nachvollziehbar, wie die Geräte eigentlich funktionieren. Gewisse Zweifel an der eingesetzten Hard- und Software werden nicht unbedingt dadurch ausgeräumt, dass sich Hersteller, Bußgeldstellen und Gerichte regelmäßig schwer damit tun, die Bedienungsanleitung der Anlagen vorzulegen oder gar Einblick in die Prozessabläufe zu gewähren.
Obwohl der Betroffene ein Einsichtsrecht auf alle relevanten Unterlagen hat, wird die Frage nach der Bedienungsanleitung oder dem Betriebsprogramm oft abgebügelt. Sogar das Urheberrecht wird bemüht, um Verteidigern keinen Einblick geben zu müssen.
Gleiches gilt für die Lebensakte des Geräts. Darunter versteht man alle Unterlagen, die zu der konkreten Anlage gehören. Also insbesondere Dokumente, die darüber Aufschluss geben, welche Reparaturen oder Wartungen nach der letzten Eichung vorgenommen wurden.
Viele Bußgeldstellen behaupten stets, es gebe keine Lebensakte. Die Amtsgerichte entscheiden unterschiedlich darüber, ob der Betroffene überhaupt Einblick in Reparatur- und Wartungsprotokolle verlangen darf.
Das Amtsgericht Schwerte geht nun einen innovativen Weg, um das Dilemma zu lösen. Weil die Bußgeldstelle trotz Antrag die Lebensakte nicht vorlegte, erhöht das Gericht wegen Restzweifeln an der Messung den Toleranzabzug um weitere 10 Prozent. Gerade in Fällen, in denen das Fahrverbot knapp gerissen wird, kann das ein spürbarer Vorteil sein.
Bleibt die Frage, ob andere Amtsgerichte dem folgen. Den Versuch ist es sicher wert.