Ich werde das Gefühl nicht los, dass das Thema Facebook-Partys zu einem Clash der Generationen mutiert. Sollte das der Fall sein, hätte sich die baden-württembergische Polizei jedenfalls nicht durch eine sonderlich deeskalierende Einstellung hervorgetan. Im Ländle kriegen jetzt nämlich sogar schon Menschen Polizeibesuch, die sich auf Facebook nur für solche Partys “angemeldet” haben.
Mit unverhohlenem Stolz preist die Polizeidirektion Waiblingen ihr drakonisches Vorgehen. Eine neunköpfige Ermittlergruppe – das entspricht ungefähr der Personalstärke in einem ungeklärten Mordfall – wurde eingesetzt. Einzige Aufgabe: Facebook-Nutzer zu ermitteln, die online Interesse an einer für morgen angekündigten Party in Backnang bekundet haben.
Während die Beamten “mit Hochdruck” Facebook-Identitäten ermitteln, schwärmen andere Polizisten aus, um bereits Identifizierte aufzusuchen. 130 Bürger, mutmaßlich meist junge Menschen, hat es nach Angaben der Polizei bereits getroffen. Sie erhielten keineswegs Mails oder einen Brief. Sie wurden auch nicht angerufen. Nein, die Polizeibeamten suchten sie auf. Und zwar nicht nur zu Hause, sondern auch an der Schule, der Uni oder dem Arbeitsplatz.
Mich erinnert so ein Vorgehen an den Vorschlag des hessischen Innenministers, mutmaßlichen Fußballrowdys das Leben schon im Vorfeld schwerzumachen. Man müsse diese Menschen, so sein offenkundiges Kalkül, sozialen Druck aussetzen. Zum Beispiel durch Polizeibesuch am Arbeitsplatz.
Von der Idee aus Hessen hat man jetzt länger nichts gehört. Allerdings nimmt die baden-württembergischen Polizei offenkundige Anleihen. Mit dem – völlig unnötigen – und mit Sicherheit auch unangemeldeten Auftauchen am Ausbildungs- oder Arbeitsplatz werden die Betroffenen bloßgestellt und stigmatisiert – obwohl sie sich noch nicht mal rechtswidrig verhalten haben (die bloße Anmeldung zu einer Facebook-Party ist nicht verboten).
Mit solchen Aktionen leistet die baden-württembergische Polizei vordergründig Gefahrenabwehr. In Wirklichkeit baut sie aber eine Drohkulisse auf, leider ohne Folgenabwägung für ihr Ansehen in der Öffentlichkeit. Wie sagte schon Mao Tse-Tung: “Bestrafe einen, erziehe hundert.” Den mochte am Ende auch keiner mehr.
Schon die martialische Wortwahl der Polizei ist ein Skandal. Ein Zitat aus der “Sonderpressemitteilung”:
Die Teilnehmer an einer verbotenen Facebook-Party müssen mit Personenfeststellungen, erkennungsdienstlichen Maßnahmen, Platzverweisen, Bußgeldern und weiteren Kosten rechnen. Jugendliche werden an ihre Eltern überstellt.
Am Freitagmittag und Abend werden vier Bereitschaftsrichter im Dienst sein, um gegenüber völlig uneinsichtigen Personen schnell und effektiv Entscheidungen zur Gewahrsamnahme treffen zu können. Auch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ist erreichbar, damit strafprozessuale Maßnahmen, wie Durchsuchungen und Beschlagnahmen schnell durchgeführt werden können.
Offenbar ist bei der Polizeidirektion Waiblingen noch nicht durchgedrungen, das es mitunter aus dem Wald so herausschallt, wie man hineinruft. Viele, gerade auch junge Menschen, hadern aus guten Gründen mit der Erfahrung, dass man sich in Deutschland offenbar nicht (mehr) in einer Zahl zum Feiern in der Öffentlichkeit verabreden darf, welche die Kapazität eines Wohnzimmers überschreitet.
Ausschließlich verbales Säbelrasseln ist vor diesem Hintergrund der eindeutig falsche Weg, um am Ende vielleicht eine vernünftige Lösung in Sachen Facebook-Partys zu finden.