Der Amtsrichter hat aus meiner Sicht getan, was man als sorgfältiger Jurist nicht tun sollte. Er ist mit einem Federstrich dem Vorschlag eines emsigen Staatsanwalts gefolgt, meinem Mandanten eine Blutprobe (oder freiwillig eine Speichelprobe) zu entnehmen, damit das DNA-Muster meines Mandanten in der Zentralkartei gespeichert werden kann.
Dabei sprechen einige Punkte dagegen, dass mein Mandant künftig Straftaten begehen wird. Genau diese Vermutung muss aber bejaht werden, wenn die DNA festgehalten werden soll. So ist mein Mandant in der Sache, die den Auslöser gab, gar nicht verurteilt worden. Das Verfahren wurde vielmehr gegen eine geringe Geldauflage eingestellt – ohne dass auch nur ein Zeuge gehört wurde oder mein Mandant was zugegeben hat.
Die Angelegenheit liegt auch schon Jahre zurück. Seitdem hat es keine Ermittlungen gegen meinen Mandanten gegeben. Auch ein Zeichen, dass von ihm eben keine Straftaten zu erwarten sind.
Außerdem ging es um ein Delikt, das am Computer begangen worden sein soll. Da frage ich mich sowieso immer, wie die DNA weiterhelfen soll. In der Beschwerde gegen Beschluss habe ich die Bedenken so formuliert:
Die DNA ist hier regelmäßig ein völlig ungeeignetes Beweismittel, da sich am Rechner eines Betroffenen normalerweise logischerweise dessen DNA befindet. Somit kann eine DNA-Spur auch kein Indiz dafür sein, ob der Betroffene tatsächlich zu einem fraglichen Zeitpunkt ein Internetdelikt begangen hat. Ein Indiz wäre die DNA-Spur allenfalls dann, wenn sich keinerlei andere DNA-Spuren an einem Rechner befinden würden. Dies erscheint jedoch in einem normalen Haushalt reichlich lebensfremd.
Immerhin scheint der Richter von meinen Argumenten nicht ganz unbeeindruckt. Er hat nämlich ganz schnell angeordnet, dass der Beschluss bis zur Entscheidung über die Beschwerde nicht vollstreckt werden darf. Das ist nicht selbstverständlich, denn in Strafsachen können Beschlüsse auch durchgesetzt werden, obwohl sich der Betroffene dagegen wehrt.
In dem Fall war es auch höchste Eisenbahn. Die Polizei drängelte nämlich schon, dass mein Mandant doch bitte zur Speichel- oder Blutprobe kommen soll. Praktischerweise wollte der zuständige Kommissar das gleich mit der Rückgabe der beschlagnahmten Computer verbinden, die meinem Mandanten nach der Einstellung des Verfahrens wieder zurückgegeben werden müssen.
Jetzt kann mein Mandant erst mal unbesorgt seine Sachen abholen. Ich weiß, den Beamten wird es fuchsen. Der hatte mir nämlich am Telefon stolz erklärt, das örtliche Amtsgericht sei noch nie von einem DNA-Beschluss abgerückt. Nach dem ersten Zurückrudern des Amtsrichters nehme ich jedoch an, das war nur gut geblufft.