Für den Verhafteten gelte die Unschuldsvermutung, betont die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Eine Selbstverständlichkeit, die eigentlich auch zu Zurückhaltung bei Verhaftungen führen sollte. Doch damit scheint man es bei der Rostocker Kripo nicht so zu haben: Die Beamten nahmen jetzt publikumswirksam einen Radiomoderator fest, als dieser für eine Livesendung vor dem Mikrofon stand.
Der Radiomann Marcus J. moderierte gerade, wie jeden Werktag, die Guten-Morgen-Show bei der Ostseewelle. Die Beamten kamen ins Studio und führten ihn in Handschellen ab. Seine Co-Moderatorin musste die Sendung alleine zu Ende bringen. Kurz darauf wurde der Moderator vor der versammelten Presse ins Amtsgericht Rostock gebracht.
Dem Betroffenen wird vorgeworfen, eine 13-Jährige sexuell missbraucht zu haben. Die Taten sollen sich in den Jahren 2005 und 2006 ereignet haben. Ob und was an der Sache dran ist, wird sich sicher zeigen. Dass die Beamten aber nicht mal warten konnten, bis Marcus J. seine Sendung zu Ende bringen konnte, lässt sich sicher nicht mit der von der Staatsanwaltschaft ins Feld geführten “Wiederholungsgefahr” begründen. Zumal laut der Behördensprecherin bei Sexualstraftätern stets der Haftgrund der Wiederholungsgefahr angenommen werden kann. Was in dieser Allgemeinheit schlichtweg juristischer Unfug ist.
Mit der medial wirksamen Polizeiaktion ist jedenfalls schon mal eine schöne Grundlage für die Vorverurteilung und soziale Hinrichtung des Moderators gelegt. Das Konzept derartiger Öffentlichkeitsarbeit der Ermittlungsbehörden kennt man ja mittlerweile aus dem Fall Jörg Kachelmann. Oder dem der Ex-No-Angels-Sängerin Nadja B., bei der am Rande eines Konzertauftritts die Handschellen klickten.
Die Verantwortlichen in Rostock scheinen nicht sehr lernfähig zu sein.