In Gerichtsgebäuden darf das Tragen von Rockerkleidung untersagt werden. Das Bundesverfassungsgericht hält ein faires Verfahren auch dann für möglich, wenn Angeklagte, Zeugen, Besucher und sonstige Personen im Gerichtsgebäude sich nicht durch Kleidung als Angehörige von Motorradclubs “ausweisen” dürfen.
Anlass für die Entscheidung ist ein Verbot des Landgerichts Potsdam. Es richtete sich vornehmlich gegen “Kutten”, die Rocker gerne tragen. Grund für die Anordnung war ein Prozess, in dem sich Angehörige der Hells Angels wegen räuberischer Erpressung und anderer Straftaten verantworten mussten. Der Gerichtspräsident wollte keine Kutten und sonstigen rockertypischen Symbole im Gebäude sehen. Rocker, die beim Prozess zuschauen wollten, sollten ihre Kutten außerhalb des Gerichtsgebäudes deponieren.
Gegen die Anordnung beschwerte sich einer der Angeklagten. Er sah sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt. Außerdem war er der Meinung, die gesetzlich vorgeschrieben Öffentlichkeit der Verhandlung sei nicht gewährleistet.
Das Bundesverfassungsgericht hält die Maßnahme dagegen für zulässig:
Maßnahmen, die den Zugang zu einer Gerichtsverhandlung nur unwesentlich erschweren und dabei eine Auswahl der Zuhörerschaft nach bestimmten persönlichen Merkmalen vermeiden, sind zulässig, wenn für sie ein verständlicher Anlass besteht. … Des Weiteren ist vorliegend nicht ersichtlich, dass die Einschätzung und Bewertung sowohl einer möglichen Beeinträchtigung der Hauptverhandlung durch das Tragen bestimmter Kleidung oder Abzeichen als auch der zur Abwehr dieser Gefahr geeigneten und erforderlichen Maßnahmen verfassungsrechtlich bedenklich wären.
Auch den Grundsatz der Öffentlichkeit sieht das Gericht nicht beeinträchtigt. Die Maßnahmen verhinderten nicht den Zugang zum Gerichtssaal. Jeder Besucher könne sich leicht an die Vorschriften halten und werde dann eingelassen. Es handele sich nur um eine “ganz geringfügige Beschränkung”.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25. April 2012, Aktenzeichen 2 BvR 2405/11