Eine phantastische Neuigkeit irrlichtert im Internet. Wer auch immer irgendwo in Deutschland irgendwelche Schwierigkeit mit irgendeiner Obrigkeit von Justiz und Polizei hat, so heißt die Botschaft, kann in Düsseldorf auf Lösung hoffen. Nur dort sei eine ganz bestimmte Behörde zuständig, die bundesweit solche Probleme prüft und regelt. Das Wunder-Amt soll die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf sein.
Dort kennt man zwar die Mär, hat aber selbst nichts damit zu tun. Irgendwann hat irgendwer sie mit amtlich wirkenden Formulierungen in die Welt gesetzt. Genau gesagt mit dem ominösen „Artikel III der Verordnung Nr. 47 vom 30. August 1946“. Damit habe die britische Militärregierung – „vertreten durch die Sowjetische Militärverbindungsmission in Deutschland“ – der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf sozusagen eine generelle Vollmacht erteilt und ihr die „Dienst-, Fach- und Sachaufsicht“ über die deutsche Gerichtsbarkeit übertragen.
Was so wundersam klingt, findet Gläubige: „Wenn Ihr Postzustellungsurkunden bekommt, der Gerichtsvollzieher oder die Polizei tätig wir – dann meldet das an die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf!!!!!“, lautet beispielsweise eine Aufforderung in einem Internetforum. Verbunden ist sie mit der Beteuerung: „Wie uns mitgeteilt wurde ergreift man dann Maßnahmen !!!!!“
Manch einer glaubt tatsächlich an den schützenden Schirm, die magische Kraft der Düsseldorfer Behörde. Es gibt nämlich zunehmend Eingaben hilfesuchender Bürger. Erst waren es nur zwei, dann neun, inzwischen haben sich 25 Einsender gemeldet; einer hat sogar 15 mal geschrieben.
Die Tendenz ist stark steigend. „Wir kriegen aber niemanden davon überzeugt“, seufzt Behördenvize Peter Lichtenberg, „dass wir diese Zuständigkeit gar nicht haben.“ Unter dem Aktenzeichen 2 AR 355/10 verschickt die Behörde an ratsuchende Bürger entsprechende Aufklärungsschreiben.
Wie das bei Behörden so ist, kriegte die Sache bei der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf ein Aktenzeichen. Eine eher suboptimale Idee. „Jetzt wird uns unter Berufung auf das Aktenzeichen geschrieben“, berichtet Lichtenberg, „und um amtliche Bestätigung gebeten“.
Selbstverständlich habe die Generalstaatsanwaltschaft geprüft, ob es die behauptete Vorschrift gebe. Mit dem Ergebnis: Die Verordnung gibt es nicht. Das lasse man die Schreiber nun auch höflich wissen. Aber mit dem bestimmten Zusatz: „Damit beenden wir jeden Schriftverkehr“.
Dennoch gibt es Entgegnungen. Die dann allerdings wirklich kommentarlos abgeheftet werden – in der stetig wachsenden Akte mit dem Zeichen 2 AR 355/10. Die Ermittler setzen nun auf öffentliche Aufklärung, um von künftigen Eingaben verschont zu werden. Denn sie haben durchaus anderes zu tun. (pbd)