Ach, klang das dramatisch:
Vor diesem Hintergrund haben wir Sie letztmalig außergerichtlich aufzufordern, Ihre Schulden aus dem Erstattungsanspruch zu tilgen und den Geldbetrag von € 1.286,80 mit schuldbefreiender Wirkung bis zum 03.02.2012 – hier eingehend – auf unser Konto zu überweisen. …
Nach fruchtlosem Ablauf dieser letzten Frist sind wir schon heute umfänglich beauftragt, die Forderung gerichtlich durchzusetzen.
So stand es nahezu wortgleich in sicher tausenden Schreiben, mit dem das Inkassobüro Debcon im Januar vermeintliche Filesharing-Sünder anschrieb. An sich ist das ja nichts Ungewöhnliches – hätte vor Debcon nicht schon die Regensburger Anwaltskanzlei Urmann + Collegen genau diese Forderungen geltend gemacht.
Man las also und staunte. Die Frage war nämlich, wieso die Rechteinhaber, darunter auch Pornoproduzenten und der Großverwerter DigiProtect, erst Anwälte beauftragen und danach ein Inkassobüro.
Normalerweise ist die Reihenfolge umgekehrt, zumal Debcon für den Fall einer Klage ausdrücklich wieder Rechtsanwaltskosten androhte. Was wohl sagen sollte, dass die Sache wieder an Anwälte zurückgeht und diese klagen werden, sollte der Angeschriebene nicht nur die Kanzlei U + C, sondern nun auch Debcon abblitzen lassen.
Eine Erklärung für die Strategie wäre gewesen, dass die Rechteinhaber ihre Forderungen verkauft haben. Tatsächlich hatte U + C im Mandantenauftrag die Versteigerung von Filesharing-Ansprüchen online bekanntgemacht. Um bis zu 90 Millionen Euro soll es gegangen sein.
Nun verschickt Debcon aber in vielen Fällen neue Faxe. Wir haben heute einen kleinen Stapel bekommen. Aus diesen Schreiben ergibt sich zunächst, dass es zum Forderungsverkauf nicht gekommen ist. Debcon betont nämlich, im Auftrag der Rechteinhaber zu handeln. Wobei sogar eine Vollmacht beigefügt ist. Diese Vollmacht haben aber nicht die Rechteinhaber unterschrieben, sondern Rechtsanwälte aus der Kanzlei U + C, die wiederum die Rechteinhaber vertreten sollen. Etwas verwirrend. Aber immerhin ist klar, es sind noch alle Beteiligten an Bord. Somit war es wohl nichts mit den Millionen, jedenfalls nicht in den Fällen, die Debcon gerade mit neuen Schreiben anfeuert.
Es bleibt also weiter die Frage, was genau sich die Rechteinhaber von der merkwürdigen Mandatskaskade erhoffen. Möglicherweise war es ein Problem, das sich den Rechtsanwälten U + C stellte. So weit sich für die Angeschriebenen Anwälte gemeldet haben, durfte U + C nur noch mit den Anwälten korrespondieren. Der Gegenanwalt darf nämlich nicht umgangen werden. Das sehen die Berufsregeln vor.
Die Einschaltung eines Inkassobüros bot die Möglichkeit, wieder die Betroffenen direkt anzuscheiben. Was auch geschah – und naturgemäß für ziemlichen Wirbel sorgte. Vielleicht, so mag man spekuliert haben, erschrickt eine ansehnliche Quote der mutmaßlichen Filesharing-Sünder so heftig, dass sie nicht ihren Anwalt anrufen, sondern spontan die Geldbörse öffnen.
Sollte das jemand gemacht haben, hat er auf jeden Fall zu viel gezahlt. Den Mutigen, die Debcons letzte Frist haben verstreichen lassen, flattern derzeit keine Klagen ins Haus. Sondern ein windelweiches Schreiben. Darin sülzt Debcon, man sei beauftragt, die Forderung “im ersten Schritt” außergerichtlich beizutreiben. Im ersten Schritt? Das ist angesichts der Vorgeschichte wirklich lustig formuliert.
Aber immerhin weist Debcon darauf hin, man “habe schon viele vermeintlich unlösbare Angelegenheiten abschließend klären” können. Dabei lässt das Inkassobüro jedenfalls einen handfesten Vorschlag nicht vermissen. Wer bis zum 5. April 495,00 Euro zahlt, soll endgültig aus der Sache raus sein.
Geltend gemacht werden also nur noch 38,5 % der Ausgangsforderung. Das ist ja immerhin mal eine Ansage, eine überraschende zumal. Immerhin hätte Debcon ja, wenn man den Worten der Inkassodienstleister trauen wollte, nun eigentlich einen Prozess anstoßen müssen.
Aber wie auch immer. Nun ist jedenfalls das Ende der Fahnenstange erreicht. Debcon offeriert zwar mit warmen Worten den Vergleichsvorschlag, setzt dann aber zur Vorsorge doch noch mal eine letzte Frist. Sollte diese ablaufen, heißt es in dem neuesten Schreiben in altbekannter, schon einst durch die Rechtsanwälte U + C erprobter Manier, “erfolgt die gerichtliche Geltendmachung”.
Das glauben wir jetzt aber ganz doll.