Die Schnittstelle im Kampf der kriminellen Rockerbanden in Nordrhein-Westfalen ist Duisburg. Die Bandidos beanspruchen einen Großteils des Ruhrgebiets für sich, die Hells Angels betrachten das Rheinland als ihr Gebiet. In diesem oft brutalen Gefecht, so weiß die Polizei, geht es um „territoriale Ansprüche“ speziell im Raum Duisburg.
Dort sind zunächst „einzelne Mitglieder“ beider Motorradgruppen durch Gewalt- und Waffendelikte aufgefallen. Inzwischen soll durch Angehörige der Bandidos, die auch im benachbarten Mülheim und Oberhausen bis nach Essen ihre Clubhäuser haben, der Handel mit Rauschgift dazu gekommen sein.
Das ergibt sich aus einer Antwort des Innenministers Ralf Jäger (SPD) auf eine Kleine Anfrage des Düsseldorfer CDU-Landtagsabgeordneten Olaf Lehne. Der bekam jetzt zu lesen, dass es von deutschlandweit 51 Ortsgruppen („Charter“) der Hells Angels neun in Nordrhein-Westfalen gibt. Von den 71 deutschen Verbänden („Chapter“) der Bandidos sind es in NRW momentan 25.
Sie alle stehen laut Innenministerium „durch einen umfassenden Nachrichtenaustausch“ aller Behörden unter Beobachtung der Polizei. Speziell dazu ist beim Landeskriminalamt das „Projekt 124“ geschaffen worden, das angeblich auf nationaler wie auf internationaler Ebene jeweils neue Informationen gewährleistet.
Daraus wird erstmals deutlich, dass aus den Reihen der etwa 250 Hells Angels-„Vollmitglieder“ und den 400 festen Angehörigen der Bandidos auch „Leitungsfunktionen“ ausgerechnet in Sicherheitsfirmen besetzt werden. Einen Zusammenhang zwischen solchen Chefpositionen einerseits und andererseits von Straftaten der Sicherheitsleute gibt es nach Angaben der Landesregierung aber bislang nicht.
Außerdem wird eine weitere Verquickung klar: Die Angehörigen der Rockerbanden beschäftigen sich laut Antwort Jägers „in unterschiedlichsten Funktionen“ an legalen Betrieben. Dazu gehört das Bewachungsgewerbe, das Management von Veranstaltungen, selbst die Verwaltung von Grundstücken und anderen Immobilien. An Gaststätten sind Bandidos und Hells Angels ebenso beteiligt wie am Motorradhandel, Videotheken und dem Computerservice.
Den Behörden sind offenbar per Gesetz die Hände gebunden: Sie dürfen alle diese Beteiligungen nicht einmal dem Landesparlament nennen.
Sorgen machen den Ermittlern auch Neugründungen beider Banden mit „neuen Gebietsansprüchen“. Ob die Bandidos und die Hells Angels sich womöglich inzwischen verbindlich ihre Betätigungsfelder, besondere kriminelle Aktivitäten oder eben Bezirke aufgeteilt haben? Dazu liegen, so heißt es in dem achtseitigen Papier, „der Polizei bislang keine Erkenntnisse vor“. (pbd)