Ich predige immer, von den eigenen Rechten Gebrauch zu machen. Dazu gehört, nicht vorschnell mit der Polizei zu reden. An diesen Ratschlag hat sich ein Mandant gehalten, der eine kleinere Sache im Straßenverkehr angestellt haben sollte. Sein Fall ist ein schönes Beispiel dafür, dass sich der Rat auszahlen kann.
Zum Beschuldigten wurde mein Mandant, weil er Halter des Fahrzeugs ist, dessen Nummernschild sich eine Zeugin aufgeschrieben hat. Auch dem Polizisten war offensichtlich klar, dass die Tatsache, dass jemand Halter eines Autos ist, noch lange nicht belegt, dass er auch der Fahrer war. Aber immerhin, so heißt es in der Ermittlungsakte:
Da die Halterdaten in den Punkten “GESCHLECHT” und “ALTER” mit der Personenbeschreibung des Fahrers zur Tatzeit übereinstimmen, hat der Halter den Status “BESCHULDIGTER” erhalten.
Diese messerscharfe Schlussfolgerung brachte meinem Mandanten eine Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung. Er musste sich fotografieren lassen. Auch dabei hielt er sich an meinen Rat, kein Wort zur Sache zu sagen.
Der Zeugin wurden später Bilder von acht Personen vorgelegt. Sieben Bilder hat ein Computerprogramm generiert, Nr. 4 war mein Mandant. Die Zeugin erkannte jedoch nur Nr. 5 und Nr. 8 wieder, und auch die nur mit mageren 40 bzw. 60 Prozent. Erfreuzlich. Die Bildvorlage offensichtlich ohne sanfte Beeinflussung durch den Polizisten verlaufen; in dieser Richtung habe ich auch schon anderes erlebt.
Mit dem Ergebnis der Bildvorlage hat sich die Vermutung Halter = Fahrer zerschlagen. Der Fall wird wohl nicht aufzuklären sein. Hätte mein Mandant gleich zu Anfang mit der Polizei geredet, wäre die Sache womöglich anders ausgegangen. Zumindest, wenn er doch der Fahrer war.
Was ich allerdings auch nicht weiß.