“Ich habe es doch nur gut gemeint”, wird eine 58-jährige Gemeindeangestellte nach ihrer Gerichtsverhandlung geseufzt haben. Geholfen hat es ihr nicht. Das Amtsgericht Rosenheim verurteilte sie wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe. Die Frau hatte aufgeschnappte Gerüchte weitergetragen, wonach es in einer Familie zu Gewalttaten komme.
Die Informationen über Schläge und mögliche Gefährdung der Kinder sollen von Dritten gekommen sein. Von wem sie das alles gehört haben will, wollte die Angeklagte dem Gericht nicht sagen. Fest stand aber, dass sie selbst die betroffene Familie gar nicht näher kannte. Trotzdem sprach sie von sich aus eine Mitarbeiterin des Kindergartens an, den der Nachwuchs des angeblich gewalttätigen Ehemanns besuchte.
Die Kindergärtnerin wiederum informierte das Jugendamt, das gleich einen Besuchstermin wegen “Partnerschaftsgewalt” ankündigte. Es fanden sich aber keinerlei Belege dafür, dass die von der 58-Jährigen behaupteten Probleme tatsächlich bestehen.
Das Amtsgericht betrachtete die Äußerungen, es gebe Partnerschaftsgewalt und das Kindeswohl sei gefährdet, als Tatsachenbehauptungen. Diese Behauptungen hätten sich als falsch herausgestellt. Auch der unbestrittene Wunsch der Angeklagten, mögliche Probleme in der betroffenen Familie zu verhindern, rechtfertige die Äußerungen nicht.
Wenn überhaupt, so das Gericht, hätte sich die Angeklagte an das Jugendamt wenden und den Zeugen benennen müssen, von dem sie die Informationen hatte. Das Jugendamt hätte dann entscheiden können, ob es dem Zeugen und möglicherweise auch der Angeklagten Anonymität zusichert.
Die Äußerung gegenüber der Kindergärtnerin sei somit der falsche Weg gewesen. Wenn die Angeklagte nun ihrerseits nicht belegen könne, dass ihre Angaben doch wahr sind, liege üble Nachrede vor. Die Kinder der Betroffenen Familie würden durch die entstandenen Gerüchte nämlich nun ausgegrenzt, die Eheleute selbst seien isoliert.
AG Rosenheim, Urt. v. 03.11.2011 – 1 Cs 420 Js 18674/11 / Das Heymanns Strafrecht Online Blog zum gleichen Thema