Der Kussmund – so ein Lippenbekenntnis wirkt auf jeden Fall verheißungsvoll bis romantisch. Oder ist doch eher, ganz nüchtern wie es Juristen tun, vom roten Abdruck eines (bevorzugt weiblichen) Mundrandes zu sprechen? Und kann so ein Kussmund Kunst sein? Mit diesen Fragen haben sich die drei Berufsrichter des 6. Zivilsenats am Kölner Oberlandesgericht momentan zu beschäftigen.
Die Juristen müssen in einem Streit entscheiden, der über ein inzwischen auch wirtschaftlich bedeutungsvolles Bild von einem Bützje ausgebrochen ist. Es prangt auf Tassen und Tapeten, auf Karten und Kalendern, es wird im Internet angeboten, es dient mitunter gar als „Liebesgeschenk“.
Das mögliche Kunstwerk will ein Grafiker geschaffen haben. Er behauptet, er habe von einem Kuss-Modell zahlreiche Kussabdrücke machen lassen. Und daraus habe er “durch weitere Bearbeitung“ tatsächlich „den perfekten Kuss“ geschaffen. Er sieht in der Grafik ein Werk der freien Kunst. Und verlangt deshalb von seiner Gegnerin, die den Kussmund gewerblich verwertete, Schadensersatz.
Wohl niemand soll es mehr wagen, die Grafik zu verwenden. Die verklagte Kontrahentin ist sich indessen keiner Schuld bewusst. Der Kussmund diene Gebrauchszwecken und sei daher (auch) als Druckgrafik lediglich ein Werk der angewandten Kunst.
In diesem Bereich, so heißt es, seien „rein handwerkliche oder routinemäßige Leistungen“ nicht rechtlich geschützt. Die Richter des Senats haben, wie zu erfahren war, inzwischen die Beweislage erörtert. Sie wollen ihre Entscheidung erst nach weiterer Bedenkzeit verkünden, nämlich am 9. März.
Bis dahin, so betont das Oberlandesgericht Köln, seien negative Auswirkungen insbesondere auf das karnevalistische Treiben nicht zu erwarten. Das Bützen an sich bleibe (urheber-)rechtlich unbedenklich. (pbd)