“90 Millionen suchen einen Käufer” lautete die Überschrift eines älteren Eintrags im law blog. Er berichtete darüber, dass die Abmahnkanzlei Urmann + Collegen Käufer für Forderungen sucht, die sich aus Filesharing-Abmahnungen ergeben sollen. Die Kanzlei kündigte die Auktion mit vielen Details auf ihrer Homepage an. So ließen sich einige Zahlen abschätzen. Bis zu 90 Millionen Euro sollten die Forderungen demnach Wert sein, die gegen die Inhaber von Internet-Anschlüssen wegen möglicherweise illegaler Downloads geltend gemacht werden.
Wie es aussieht, haben U + C zumindest ein Inkassobüro gefunden, das – meine Sicht – dumm genug für den Versuch ist, aus schon mehrfach ausgepressten Orangen etwas rauszuholen. Bundesweit erhalten Mandanten Schreiben der Debcon GmbH. Diese beginnt den altbekannten Mahnungsreigen wieder von vorn, indem sie “letztmalig außergerichtlich” zur Zahlung eines Betrages von 1.286,80 Euro auffordert.
Sicherlich am unangenehmsten ist der letzte Absatz des Briefes. Darin droht Debcon damit, die Sache der Schufa zu melden, “soweit die Forderung nicht ausgeglichen wird und die Weitergabe der Daten zur Wahrung unserer berechtigten Interessen oder der eines Dritten erforderlich ist.”
Die Formulierung ist geschickt gewählt, denn sie entspricht im Kern dem Gesetz. Dieses sagt aber auch: Wenn der Betroffene der Forderung inhaltlich widersprochen hat, dürfen Forderungen erst an die Schufa gemeldet werden, wenn sie rechtskräftig durch ein Gericht bestätigt sind.
Wer sich also bereits bereits gegen die Abmahnungen der Rechtsanwälte U + C schriftlich gewehrt und Gründe angegeben hat, warum er die Zahlung verweigert, darf nun auch von Debcon nicht an die Schufa gemeldet werden. Sollte Debcon dies trotzdem tun, kann man bei der Schufa widersprechen. Die Schufa reagiert hier meist sehr schnell und sperrt die Einträge. Außerdem kann man bei Gericht eine einstweilige Verfügung gegen das Inkassobüro erwirken und so dafür sorgen, dass die Meldung zurückgezogen wird.
Man sollte sich also nicht durch die Schufa-Drohung aus der Ruhe bringen lassen. Das gilt aber nur dann, wenn man, wie gesagt, schon bei U + C inhaltlich argumentiert hat. Wer Schreiben von U + C ignoriert hat, kann jetzt natürlich auch noch gegenüber Debcon widersprechen.
Ansonsten ist es nicht erforderlich, jetzt gegenüber Debcon alle Argumente zu wiederholen. Vielmehr muss das Inkassbüro schon wissen, was zum Beispiel an U + C geschrieben wurde. Debcon kann sich hier nicht dumm stellen. Genau in diese Richtung gehen aber die Formulierungen, nach Angaben der Rechteinhaber habe der Betroffen bislang nicht auf die Anschreiben von Urmann + Collegen reagiert. Da U + C aber praktisch immer mit mehreren Mahnungen auf Zahlungsablehnungen geantwortet haben, wird man gegebenfalls leicht das Gegenteil beweisen können.
Debcon macht die Forderungen auch nicht im eigenen Namen geltend. Vielmehr schreibt das Inkassbüro im Namen der ursprünglichen Plattenfirmen und Filmstudios, welche schon U + C beauftragt haben. Anscheinend sind die Rechte also doch nicht verkauft, sondern Debcon ist nur mit dem Einzug beauftragt worden.
Wenn man auf Debcons Forderungen nicht eingeht, kann das Inkassobüro selbst auch nicht klagen – sofern so etwas überhaupt beabsichtigt ist. Wenn geklagt werden soll, hätte es ja eher nahegelegen, wenn die bereits beauftragten Rechtsanwälte das selbst übernehmen. Debcon bzw. die Rechteinhaber müssten für ein Gerichtsverfahren nämlich sowieso wieder Anwälte beauftragen, sofern der Betroffene zum Beispiel einem Mahnbescheid widerspricht (was er durch ein einfaches Kreuzchen auf einem Formular machen kann).
Dann wären wieder U + C oder andere Anwälte am Zug. Viel Sinn macht das Ganze also nicht. Außer man betrachtet es als weiteren Akt der psychologischen Kriegsführung gegenüber Abgemahnten. Da aber U + C schon beharrlich mahnten und durchaus auch markige Worte fanden, stellt sich die Frage, wer sich wirklich von solchen Schreiben beeindrucken lässt.
Wobei wir wieder bei den ausgepressten Orangen wären.