Richter haben es bequem, wenn sie ein Urteil suchen. Ihr Arbeitsplatz ist meist mit “juris” vernetzt, einer der größten juristischen Datenbanken in Deutschland. Doch solche Dienste kosten hohe Gebühren. Für den Nichtjuristen, der mal schnell ein Urteil googeln will, sind sie viel zu teuer. Umso lobenswerter ist es deshalb, dass es freie Projekte gibt, die interessante Urteile seriös dokumentieren und ins Netz stellen.
Doch der Staat macht es freien Datenbanken nicht immer einfach, an Kopien der Urteile zu kommen. So kassierte jetzt openJur, die Internetseite ist mit 165.000 Urteilen am Start und eines der größten kostenlosen Angebote, eine Niederlage vor dem Amtsgericht Schleswig. Der zuständige Richter meint, die Datenbank habe keinen Anspruch auf kostenlose Urteilskopien. Vielmehr müsse sie für jede Entscheidung eine Pauschale von 12,50 Euro zahlen.
Dabei gibt es durchaus die Möglichkeit, von Kosten abzusehen. Die Gerichte müssten nur ein “öffentliches Interesse” daran bejahen, dass Datenbanken wie openJur Urteile veröffentlichen. Jedoch sieht das Gericht, etwas lapidar, in der Zugänglichkeit von Urteilen für jedermann kein öffentliches Interesse. Vielmehr verlangt es über die bloße Veröffentlichung hinaus “besondere Gründe”.
Vielleicht hätte schon die Überlegung geholfen, dass Urteile “Im Namen des Volkes” ergehen. Nicht zu vernachlässigende Teile des Volkes möchten mit Sicherheit gern wissen, wie stellvertretend für sie Recht gesprochen wird. Insofern stellen Urteilsdatenbanken ebenso Öffentlichkeit her wie das Publikum im Gerichtssaal, das ja auch nur unter engen Voraussetzungen ausgeschlossen werden kann.
Zudem leben wir, das ist sicher nicht übertrieben, in einer immer mehr verrechtlichten Gesellschaft. Wer sich im Arbeits-, aber auch Privatleben vernünftig orientieren will, muss sich mit juristischen Fragestellungen auseinander setzen. Was für eine tolle Sache ist es da, dass man Urteile heutzutage googeln kann. Da könnte der Staat durchaus seinen Beitrag leisten und bei Projekten wie openJur, immerhin ein gemeinnütziger und für seine Arbeit preisgekrönter Verein, einfach mal nicht die Hand aufhalten.
Aber vom Ergebnis überrascht der Beschluss ohnehin nicht. Der Staat und insbesondere die dominante Datenbank juris stehen nämlich in enger geschäftlicher Verbindung. Um was für handfeste finanzielle Interessen es geht, hat der Spiegel im letzten Jahr dokumentiert.
Beschluss des Amtsgerichts Schleswig vom 20. Dezember 2011, Aktenzeichen 1 AR -6- 34