Fahndungspannen kommen vor. Die Frage ist, was man daraus macht. Die Internetüberwachung eines süddeutschen Landeskriminalamtes wählt einen bemerkenswerten Weg. Sie definiert die Panne einfach weg, um doch noch an einen Hausdurchsuchungsbeschluss zu kommen.
Wochen-, wenn nicht monatelang haben die Beamten aus der Abteilung “Internetrecherche” mit spezieller Software verfolgt, über welche deutschen Internetanschlüsse ein kinderpornografisches Video in Tauschbörsen eingestellt wurde. Zumindest im Falle meines Mandanten, dessen IP-Adresse nur ein einziges Mal geloggt wurde, gab es dabei ein hausgemachtes technisches Problem.
Als die Polizisten die Daten auswerteten, stellten sie fest, dass die Uhrzeit in ihrem Sicherungsserver falsch war. Die Systemzeit hinkte 5 Minuten und 28 Sekunden hinter der “Atomzeit” her. Kurz: Jemand hatte vergessen, die Serverzeit mit der Echtzeit zu synchronisieren.
Auf Basis der falschen Zeit wurden dann bei Internetprovidern die Namen und Adressen der Anschlussinhaber abgefragt. Die Provider gaben also Auskunft darüber, wem die IP-Adresse 5 Minuten und 28 Sekunden vor dem Zeitpunkt zugeteilt war, in dem das Angebot der kinderpornografischen Datei dokumentiert wurde.
Für die Internetexperten der Polizei ist das aber kein großes Problem. Sie weisen darauf hin, Router seien “üblicherweise” dauerhaft mit dem Internet verbunden und erhielten allenfalls durch eine Zwangstrennung diverser Provider eine neue IP-Adresse. Kabelanbieter würden ihren Kunden sogar wochenlang dieselbe IP-Adresse zuordnen. Überdies erhielten die meisten Kunden auch nach einer Neueinwahl wieder dieselbe IP-Adresse.
Ohnehin sei für das Filesharing eine “dauerhafte Verbindung mit dem Internet” erforderlich. Deshalb sei anzunehmen, dass die Internetverbindung auch nach 5 Minuten und 28 Sekunden noch für den gleichen Nutzer bestand. Es passt also alles, weshalb der Beamte schreibt:
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Beauskunftete mit hoher Wahrscheinlichkeit der Verbreiter der kinderpornografischen Datei ist.
Ich hätte ja wenigstens erwartet, dass man mal beim Provider meines Mandanten nachfragt, wie der es mit der Vergabe von IP-Adressen hält. Oder ob vielleicht auch heute noch zu ermitteln ist, wem die IP-Adresse im richtigen Zeitpunkt zugeteilt war. Aber die Ermittler sind sich so sicher, dass sie es bei allgemeinen Spekulationen belassen – vielleicht auch wegen der Vielzahl der betroffenen Fälle.
Fast überflüssig zu erwähnen, dass ein Richter den Durchsuchungsbeschluss anstandslos unterschrieb. Und welche Überraschung, dass bei einer ersten Überprüfung der Computer meines Mandanten keine Kinderpornos gefunden wurden…