In den Besuchertrakten der meisten Gefängnisse gibt es Warenautomaten. Dort können Besucher für sich und “ihren” Gefangenen Getränke und Süßigkeiten, mitunter sogar Eiscreme und heiße Würstchen ziehen. Unverzichtbar sind natürlich Zigaretten-, Tabak- und Blättchenautomaten.
Zwischen fünf und zehn Euro dürfen Besucher anlegen. Das gilt auch für Verteidiger, weshalb ich stets ein paar Euro Klimpergeld parat habe, um das Gespräch mit dem Mandanten angenehmer zu gestalten. (Und das, obwohl es keine steuertauglichen Quittungen gibt.) Angenehm für die Gefangenen: Zumindest Rauchwaren dürfen sie überall auch mit in ihre Zelle nehmen.
Gestern habe ich in Düsseldorf einen frisch inhaftierten Mandanten besucht, bei dem das Taschengeld, welches ihm seine Verwandten überwiesen haben, noch nicht auf dem Hauskonto angekommen ist. Er hatte mir sogar einen Brief geschickt, dass er es ohne Zigaretten einfach nicht mehr aushält. Ich sollte ihm unbedingt ein Päckchen ziehen, wenn ich vorbei komme. Es war interessanterweise ein sehr kurzes Gespräch, obwohl wir viel zu bereden hatten. Den Mandanten trieb der Schmacht unübersehbar zurück in seinen Haftraum; im Besuchertrakt herrscht Rauchverbot.
Aber ich wollte eigentlich was anderes erzählen. In der Gießener Haftanstalt, in der ich heute mal wieder war, muss sich Gravierendes zugetragen haben. Am Getränkeautomaten gibt es seit neuestem nur noch Sprite und Bonaqua. Die Ausgabeschächte für Coke, Coke light und Fanta sind mit drehbaren Stahlstreben verrammelt und für Normalkunden tabu.
Ein Schild belehrt, es seien nur noch farblose Getränke in durchsichtigen Verpackungen zugelassen. Nur “Bedienstete und sonstige Mitarbeiter der JVA” dürften sich Coke, Coke light oder Fanta ziehen.
Mein Mandant wusste leider nicht, wie es zu dieser Einschränkung gekommen ist. Ich habe einen Mitarbeiter gefragt, aber der wollte nicht so recht raus mit der Sprache. Es bleibt also Platz für Spekulationen. Am naheliegendsten ist der mehr oder weniger geniale Versuch eines Häftlings, nach dem Besuch etwas in der vermeintlich harmlosen, wenn auch trüben Cola in die Zelle zu schmuggeln. Um das zu verhindern, würde es aber auch reichen, die Mitnahme von Flaschen aus der Besuchsabteilung zu untersagen.
Nach dem Besuch bleibt also ein Rätsel. Aber auch eine Gewissheit. Sprite ist bäh. Ich hoffe deshalb, dass das Gießener Beispiel keine Schule macht.
Nachtrag: Spiegel online hat sich des Themas angenommen und bei der hessischen Justiz nachgefragt. Danach gilt seit Januar 2011 eine Anordnung des hessischen Justizministeriums, das befürchtet, in trüben Flüssigkeiten könnten Drogen oder Gegenstände geschmuggelt werden. Auch wenn es dann wohl keine Geschichte wird, danke an SpOn für die Aufklärung.