Wer in einen Mahnbescheidsantrag bewusst falsche Angaben einträgt, kann sich strafbar machen. Das Oberlandesgericht Celle bestätigte die Verurteilung eines Mannes wegen versuchten Betrugs. Der Betreffende hatte Forderungen aus “Schuldanerkenntnis” geltend gemacht, obwohl es diese Anerkenntnisse gar nicht gab – ebenso wenig wie die angeblichen Forderungen selbst.
Dabei hatte der Mann sogar einen Schuldner, nämlich seinen Kunden. Dieser Kunde stand bei ihm wegen 11.590 Euro in der Kreide. Dummerweise hatte der Kunde aber die eidesstattliche Versicherung abgegeben und galt somit als zahlungsunfähig. Der Gläubiger verlangte das Geld nun, ohne jede Rechtsgrundlage, von der Lebensgefährtin und den Eltern seines Kunden und beantragte schließlich die Mahnbescheide. Weil das Verfahren weitgehend automatisiert und ohne Sachprüfung abläuft, hat das Amtsgericht die Mahnbescheide auch erlassen.
Das Oberlandesgericht Celle geht mit seiner Einschätzung neue Wege. Bislang war eher die Einschätzung anzutreffen, dass das Mahngericht die Angaben nur auf Plausibiliät prüft, sich aber keine Gedanken über die Forderung an sich macht. Weil der zuständige Rechtspfleger am Amtsgericht den Antrag entweder gar nicht sieht oder jedenfalls zulässige Angaben wie “Schuldanerkenntnis” sachlich nicht überprüft, könne er auch nicht irren. Mangels Irrtum ist ein Betrug aber nicht möglich.
Diese Hürde überwindet das Oberlandesgericht Celle mit beachtlicher Kraftanstrengung. Gleiches gilt für das Problem, dass ein Mahnbescheid das Vermögen des Antragsgegners noch nicht konkret gefährdet. Ein Zahlungstitel entsteht nämlich erst mit dem Vollstreckungsbescheid, der nur erlassen wird, wenn der Antragsgegner keinen Widerspruch einlegt. Hier hilft sich das Oberlandesgericht Celle mit dem sehr weitherzigen Argument, schon der Mahnbescheidsantrag setze eine Ursachenkette in Gang, die als Tathandlung angesehen werden könne.
Die notwendige Täuschung bejaht das Oberlandesgericht deswegen, weil der Antragsteller irrtümlich davon ausgegangen sei, am Amtsgericht werde sein Antrag auch sachlich geprüft. Hier hat sich der Angeklagte offenbar selbst geschadet, indem er sich in der Hauptverhandlung unwissend gab. Er wäre auf jeden Fall besser gefahren, wenn er nichts gesagt hätte. Oder allenfalls, er wisse doch sehr gut, dass am Mahngericht alles automatisch abläuft.
Auch wenn das Urteil inhaltlich fragwürdig ist, müssen Gläubiger künftig sorgfältiger sein, wenn sie Mahnbescheide beantragen. Ein Gutes hat die Entscheidung aber auf jeden Fall. Sie kann auch gegen die Betreiber von Abofallen verwendet werden. Diese beantragen ja gerne Mahnbescheide, obwohl sie es von Gerichten häufig schwarz auf weiß haben, dass sie kein Geld von ihren vermeintlichen Kunden verlangen dürfen.
Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 1. November 2011, Aktenzeichenn 31 Ss 29/11