Wer ein Einschreiben an die Justiz sendet, muss sich nicht vorher über Dienstzeiten des Gerichts erkundigen. Der Absender darf sich vielmehr darauf verlassen, dass an Werktagen ein Gerichtsmitarbeiter Dienst hat, der dem Postboten den Eingang des Schreibens quittiert. Das hat das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden.
Der Streit drehte sich um ein Einschreiben, mit dem ein Anwalt am Tag vor dem Fristablauf am Freitag für einen Mandanten einen Antrag stellte. Der Anwalt schickte den Brief am Donnerstag ab. Möglicherweise wurde die Sendung am Freitag deshalb nicht zugestellt, weil das Gericht regelmäßig um 12 Uhr schließt und deshalb niemand mehr da war, um dem Postboten eine Unterschrift zu geben. Übergeben wurde das Einschreiben deshalb erst am Montag.
Das ja gar nicht so kleine Amtsgericht Osnabrück, um dieses handelt es sich, hatte allen Ernstes damit argumentiert, der Absender habe gar nicht damit rechnen können, dass sein am Donnerstag abgesandtes Schreiben am Freitag zugestellt werden kann. Dabei hatte das Amtsgericht ausdrücklich darauf verwiesen, dass man dort freitags spätestens um 12 Uhr das Wochenende einläutet.
Das Oberlandesgericht Oldenburg konnte das nicht nachvollziehen. So einen frühen Dienstschluss einer Behörde müsse niemand einkalkulieren. Überdies gebe es keinen Beleg dafür, dass Einschreiben langsamer transportiert und zugestellt werden als normale Briefe. Der Absender müsse sich auch nicht vorwerfen lassen, dass er nicht zum Einwurf-Einschreiben gegriffen habe. Das Übergabe-Einschreiben sei die sicherere Variante, meinen die Richter am Oberlandesgericht. Es dürfe niemandem zur Last gelegt werden, dass er eine zuverlässigere Zustellungsart wählt.
Die Richter behandelten das Schreiben letztlich noch als rechtzeitig, obwohl es tatsächlich erst nach Fristablauf eingegangen war.
Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 13. April 2011, 1 Ws 172/11