Immer wieder gibt es Streit darüber, ob und wann ein Verteidiger eine schriftliche Vollmacht vorlegen muss. Die höheren Gerichte urteilen zwar regelmäßig, dass die Strafprozessordnung die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nicht vorsieht; allenfalls bei konkreten Zweifeln am Mandat des Anwalts dürfe ein Nachweis verlangt werden. Das hindert aber viele Amtsrichter und insbesondere auch Bußgeldstellen nicht daran, immer wieder auf eine schriftliche Vollmacht zu pochen.
Besonders hart traf es in letzter Zeit den Gladbecker Strafverteidiger Thomas Wings, der übrigens auch ein Blog hat. Ein Jugendrichter am Amtsgericht Gladbeck verlangte in allen Fällen eine schriftliche Vollmacht – sonst dürfe Wings die Akte nur auf der Geschäftsstelle einsehen. Der Streit eskalierte bis zum Bundesverfassungsgericht. Die Karlsruher Richter schlugen sich nun auf die Seite des Gladbecker Anwalts. Die Praxis des Jugendrichters stufen sie schlicht als Willkür ein.
Ausschlaggebend für das Verfassungsgericht ist, dass die Anordnung des Richters schon keinen Sinn ergibt. Bestehen Zweifel an der Bevollmächtigung, kann der Richter eine schriftliche Vollmacht verlangen. Den Anwalt aber auf die Geschäftsstelle zu zitieren und ihm dann (ohne Vollmachtsnachweis) dort Akteneinsicht zu gewähren, bewerten die Karlsruher Richter im Ergebnis als simple Gängelei. Sie erkennen deshalb einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Eine abschließende Entscheidung zur Vollmachtsfrage trifft das Bundesverfassungsgericht nicht. Allerdings enthält der Beschluss zwischen den Zeilen doch das deutliche Signal, dass man in Karlsruhe die Sache wohl so sieht wie die meisten Obergerichte. Dass eine schriftliche Vollmacht nämlich nur verlangt werden darf, wenn das Gericht an einem Mandat zweifelt. Klar ist auch, dass diese Zweifel auf tatsächlichen Anhaltspunkten im konkreten Fall beruhen müssen. Bloße Vorbehalte eines Richters gegen die bösen Anwälte reichen dem Verfassungsgericht offensichtlich nicht aus.