Schleswig-Holstein soll Facebook-freie Zone werden – zumindest wenn es nach Thilo Weichert geht. Der Chef des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) fordert per Pressemitteilung alle Behörden, Unternehmen und privaten Webseitenbetreiber in Schleswig-Holstein auf, mit Facebook Schluss zu machen. Konkret sollen sie alle Fanpages bei Facebook entfernen und “Gefällt mir”-Buttons von ihren Seiten verbannen.
Die Stellungnahme ist mal wieder das übliche Gepolter, mit dem Weichert schon in Sachen Google Analytics aufgefallen ist. Auch mit offenen Drohungen spart das ULD diesmal nicht:
Das ULD erwartet von allen Webseitenbetreibern in Schleswig-Holstein, dass sie umgehend die Datenweitergaben über ihre Nutzenden an Facebook in den USA einstellen, indem sie die entsprechenden Dienste deaktivieren. Erfolgt dies nicht bis Ende September 2011, wird das ULD weitergehende Maßnahmen ergreifen. Nach Durchlaufen des rechtlich vorgesehenen Anhörungs- und Verwaltungsverfahrens können dies bei öffentlichen Stellen Beanstandungen nach § 42 LDSG SH, bei privaten Stellen Untersagungsverfügungen nach § 38 Abs. 5 BDSG sowie Bußgeldverfahren sein. Die maximale Bußgeldhöhe liegt bei Verstößen gegen das TMG bei 50.000 Euro.
Das ULD knüpft also nahtlos an die Kampagne an, mit der Verbraucherministerin Ilse Aigner gescheitert ist. Jedenfalls ist es der Politikerin trotz ihrer Verbalattacken bis heute nicht gelungen, das US-Unternehmen Facebook auf das deutsche Datenschutzrecht einzuschwören.
Genau diesen Datenschutz sieht Weichert nun so bedroht, dass er nicht nur auf Ämter, sondern alle Firmen und Bürger seines Landes losgeht, ihnen mit Abschaltung ihrer Netzangebote und Bußgeldern bis 50.000 Euro droht. Dem ULD ist vor allem ein Dorn im Auge, dass über Social-Plugins von Facebook Nutzerdaten in die USA übertragen und dort verarbeitet werden.
Fest steht: Niemand weiß genau, welche Daten Facebook sammelt, wie die Daten aufbereitet, gespeichert und an Dritte verkauft werden. In einer Analyse der Facebook-Praxis stützt sich das ULD vornehmlich auf Erkenntnisse, die jedermann mit dem Tool “Facebook Insights” ermitteln kann. Zusammengefasst lautet das Ergebnis: Facebook informiert Nutzer nicht ausreichend über die Verwendung der Daten, eventuell verlangte Einwilligungen sind unwirksam, selbst Nichtmitglieder bei Facebook laufen Gefahr, bis zu zwei Jahre “getrackt” zu werden.
An all dem ist was dran; die Kritik an der Datenkrake Facebook ist im Grunde richtig. Aber trotzdem sind die Drohungen gegen alle Schleswig-Holsteiner, die Plugins von Facebook verwenden, ein Armutszeugnis für das ULD. Statt sich mit dem wirklichen Gegner Facebook anzulegen und auf Verbesserungen zu drängen, versuchen es Weichert und seine Leute über die Einschüchterung harmloser Facebook-Nutzer. Darunter, das sei nicht vergessen, befinden sich auch viele Unternehmen, die ohne Marketing über Facebook womöglich keine oder nur weniger Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein anbieten könnten.
Es wird interessant sein zu sehen, ob neben der schleswig-holsteinischen Wirtschaft auch im Lande ansässige Medien, Blogger und Quartzillionen Teenager vor Weichert kuschen. Oder ob sie ihm die lange Nase zeigen und ihn damit als Papiertiger entlarven.