Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie geriet letzten Monat in die Schlagzeilen. Er hatte eine Amtsrichterin dafür gerüffelt, dass sie einen Polizeibeamten wegen Körperverletzung an einem Bürger zu einer Geldstrafe verurteilte (Bericht im law blog).
Obwohl die Urteilsbegründung noch gar nicht geschrieben war, bot der Innenminister der Richterin in einem persönlich adressierten Schreiben Nachhilfe an – in Form einer Nachtfahrt mit einer Polizeistreife. Außerdem schickte er seinen Brief gleich noch als CC an alle Polizisten in Schleswig-Holstein. Hierbei machte er sich offenbar noch nicht mal die Mühe, den Namen der Richterin zu schwärzen.
Klaus Schlie hat wohl nicht bedacht, dass sein markiges Auftreten nach hinten losgehen könnte. Ich spreche nicht von der Kritik, die der Innenminister für seinen Versuch einstecken musste, die Justiz unter Druck zu setzen. Unter anderem hat sich auch einer seiner Kollegen, nämlich der Justizminister, entschieden gegen die Einflussnahme verwahrt.
Ich meine vielmehr den Umstand, dass die Sache nun möglicherweise auch indirekt auf dem Rücken des verurteilten Polizisten ausgetragen wird. Nun liegt das Urteil nämlich in schriftlicher Form vor. Es ist lesenswert, schon allein weil es dokumentiert, wie eine alltägliche Situation (es ging noch nicht einmal um eine Straftat), durch übertriebene Maßnahmen und bewusste Eskalation zu einem Fiasko mutiert.
Nicht nur einem Juristen wird die Mühe auffallen, die sich die Amtsrichterin mit dem Urteil gegeben hat. Die Entscheidung ist von vorne bis hinten detailliert, strukturiert und logisch stringent. Das gilt für die Schilderung der Ereignisse wie auch für die rechtliche Würdigung. Man darf wohl mit Fug und Recht annehmen, dass eine Strafrichterin mit ihrer Arbeit komplett absaufen würde, schriebe sie jedes ihrer Urteile mit so einer Akribie.
Eine saubere Entscheidung also, an der wenig zu meckern ist. Selbstverständlich wird das Landgericht, wenn es über die wohl eingelegte Berufung entscheidet, pflichtgemäß den gesamten Sachverhalt noch einmal aufrollen. Allerdings steht das Urteil des Amtsgerichts erst mal im Raum. Es dürfte schon wegen seiner Qualität eine gewisse Wirkung nicht verfehlen.
Ohnehin wage ich die Prognose, dass auch die Berufungsrichter nicht als Hasenfüße dastehen wollen, die vor einem, wenn auch hochrangigen Mitglied der Exekutive kuschen. Es spricht vieles dafür, dass der Polizist schon aus diesem Grund eher nicht mit einer Milde rechnen kann, die gutgelaunte und entspannte Richter im Rahmen des ihnen eingeräumten Spielraums durchaus walten lassen können.
Wenn es am Ende also bei der Vorstrafe bleibt, kann sich der Polizist am Ende zu einem guten Teil auch bei Minister Schlie bedanken.