Eine Staatsanwältin beantragt einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr. Es geht um behaupteten Drogenhandel, allerdings eher in geringem Umfang. Meine Mandantin ist nicht vorbestraft, sie hat Job, Wohnung und einen festen Freund. Die Begründung des Antrags ist denkbar kurz:
Bereits die gesetzliche Mindeststrafandrohung von 1 Jahr Freiheitsstrafe begründet nach der Lebenserfahrung einen besonderen Fluchtanreiz.
Die Strafverfolgerin möchte also jeden in Untersuchungshaft nehmen, bloß weil ihm möglicherweise Freiheitsstrafe ab einem Jahr Haft droht. Wenn sie damit durchkäme, hätten wir bald amerikanische Verhältnisse in unseren Haftanstalten.
Und der Staat könnte später noch mehr Geld für vernichtete Existenzen aufwenden, wenn die Leute dann freigesprochen werden, das Verfahren eingestellt oder lediglich eine Bewährungsstrafe verhängt wird. Bewährung ist ja immerhin bis zu zwei Jahren Knast möglich. Um so hoch zu kommen, muss man als Ersttäter schon einiges anstellen.
Zum Glück hat schon die Ermittlungsrichterin abgewunken:
Ein Haftgrund ist vorliegend nicht erkennbar. Allein die gesetzliche Mindeststrafandrohung von 1 Jahr kann die Fluchtgefahr nicht begründen. Die Beschuldigte ist bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten und hat einen festen Wohnsitz. Aus ist aus der Akte auch nicht erkennbar, dass sie über keine ausreichenden sozialen Bindungen verfügt.
Immerhin hat die Staatsanwaltschaft keine Beschwerde eingelegt.